Rem starrt Inouye an, der sich seinerseits weigert, in ihre Richtung zu sehen. Sie erinnert sich daran, dass er eigenartig gleichgültig reagiert hat, als sie ihm von Mr. Blakes Versetzung erzählte, aber ihr ist nie in den Sinn gekommen, dass er etwas damit zu tun hat. Es ist ein lächerlicher Gedanke, denn die Beziehung zwischen Mr. Blake und ihr war rein geschäftlich, aber Inouye ist ihm gegenüber einige Male recht feindselig gewesen. Sie dachte, dass das daran lag, dass ihre Beziehung damals noch unsicher war, aber offensichtlich ist es mehr als das.
Rem beißt sich auf die Lippe. Ein beklemmendes Gefühl macht sich in ihrem Bauch breit, aber sie richtet ihren Blick auf Inouyes Bruder. »Und was wollen Sie jetzt von mir hören?«, fragt sie, während sich all ihre Wut nun gegen ihn richtet.
Und er hat tatsächlich die Frechheit, überrascht auszusehen. »Ich gebe Ihnen nur einen Rat. Ich kenne Kohei besser als Sie und ich weiß, wie er sich verhält, wenn er verliebt ist. Wenn Ihnen die Art, wie ich Marika verteidige, nicht gefällt, möchten Sie nicht wissen, was Kohei bereit war, für sie zu tun.« Er neigt den Kopf leicht zur Seite, während sein Blick zu Kohei huscht. »Aber vielleicht stört es Sie auch nicht, da er es jetzt für Sie tun würde. Doch dann haben Sie kein Recht, mich zu kritisieren.«
»Oh, Sie glauben wohl, ich wäre so schamlos wie Sie«, sagt Rem und bemüht sich einen sachlichen Tonfall beizubehalten.
»Verzeihung?« Inouyes Bruder mustert sie mit gerümpfter Nase.
»Bei allem Respekt, Mr. Inouye, aber wir sehen uns heute zum dritten Mal. Das erste Mal sind Sie plötzlich in mein Zimmer im Krankenhaus spaziert, das zweite Mal war im Büro, als sie entschieden haben, Ms. Sasaki ein falsches Alibi zu geben, und heute verraten Sie Ihren eigenen Bruder, um davon abzulenken, was für ein rückgratloser Mistkerl Sie sind. So langsam frage ich mich, ob sie sich vornehmen, jedes unserer Treffen schlimmer zu machen als das vorherige.« Rems Vorsatz, sachlich zu bleiben, hat sich nicht bewährt und Inouyes Bruder macht ein Gesicht, als befürchte er, jeden Moment von ihr geohrfeigt zu werden.
Sie atmet tief durch, bevor sie erneut spricht, diesmal wirklich mit ruhiger Stimme. »Meine Beziehung zu Kohei geht Sie nichts an, genauso wenig wie mich Ihre Beziehung zu Ms. Sasaki angeht. Das heißt aber nicht, dass Sie das Recht haben, ihr dabei zu helfen, Verbrechen zu begehen. Und beschützen, tun Sie sie damit auch nicht.« Rem nimmt Inouyes Hand, ohne dabei den Blick von seinem Bruder zu nehmen. »Aber niemand hat von Ihnen verlangt, dass Sie Ms. Sasaki aufgeben.« Sie nimmt ihre Handtasche von dem Tisch. Dann zieht sie an Inouyes Hand und sieht ihn fragend an.
Er nickt und nimmt seinerseits die Holzbox und gemeinsam verlassen sie den Wintergarten. Saburo Inouye bleibt zurück.
»Gibt es Gäste, mit denen du noch sprechen musst?«, fragt sie, als sie zurück im Saal sind und Inouye die Box einem Angestellten übergeben hat. Rem hätte gern gewusst, wieso sie im Wintergarten war, aber sie ist nicht in der Stimmung, ihn danach zu fragen.
»Nein.« Inouyes Antwort ist kurz und seiner Stimme fehlt es an der üblichen Herzlichkeit.
»Dann solltest du vielleicht nach deiner Mutter sehen. Sie war vorhin ziemlich betrunken.«
Inouye wirft ihr einen Blick zu. »Meine Mutter?«
»Ja, ich habe sie an der Bar gefunden, als ich nach deinem Bruder gesucht habe und ich glaube, sie war sehr betroffen davon, wie ihr vorhin auseinandergegangen seid.«
Inouye starrt sie an.
»Oh, ich meine nicht, dass du etwas tun musst.« Rem hebt abwehrend die Hände. »Ich wollte dir nur Bescheid sagen.«
Inouye runzelt die Stirn, aber dann nickt er knapp.
»Hast du deinen Großvater schon gesehen?«, fragt sie, als er nichts weiter sagt.
»Vorhin kurz, wieso?«
»Ich habe ihn noch nicht gesehen und er ist der Gastgeber. Außerdem muss ich mich noch dafür bedanken, dass er uns die Präsentation erlaubt hat.«
»Gar nichts musst du. Wir können gehen, wenn du willst.« Inouye zuckt mit den Schultern, als wäre nichts dabei, eine private Party für die eigene Karriere zu missbrauchen und hinterher nicht einmal den Anstand zu besitzen, den Gastgeber zu begrüßen.
Rem legt die Stirn in Falten. »Ich will nicht unhöflich sein. Es sei denn, du denkst, dein Großvater hat keine Zeit für mich?« Es ist eine ernstgemeinte Frage, aber Inouye hebt hastig die Hand. »Nein, nein, so meinte ich das nicht. Natürlich hat er Zeit für dich.« Er sieht sich um und zieht sie dann in eine Richtung, auf eine Menschenansammlung zu.
»Oh, es muss nicht sofort sein…«, setzt Rem an, aber Inouye zieht sie weiter und drängelt sich durch die Menge.
»Großvater«, sagt er mit lauter Stimme, als sie nahe der Mitte sind. »Du hast Rem noch nicht begrüßt.«
Rem presst die Lippen aufeinander und beobachtet die Männer und Frauen, die sich mit Mr. Inouye unterhalten haben, die sie ebenfalls ansehen, als Inouye sie nach vorne schiebt. Sie kommt sich schrecklich unhöflich vor.
»Wie recht du hast, Kohei.«
Rem richtet ihren Blick auf Mr. Inouye, der sie anlächelt.
»Bitte verzeihen Sie, Ms. Aozora«, sagt er, da er offensichtlich mehr Feingefühl besitzt als sein Enkel.
»Oh, nein, mir tut es leid, Ihr Gespräch zu unterbrechen.«
Mr. Inouye runzelt die Stirn. »Das haben Sie nicht. Wir waren alle beeindruckt von Ihrer Präsentation vorhin.« Sein Blick zuckt zu Inouye. »Und selbst wenn Sie uns unterbrochen hätten, wäre das in Ordnung. Sie sind ja praktisch Familie.«
Rem blinzelt. Dann fällt ihr wieder der Ring an ihrer Hand ein und sie deckt ihn hastig mit der anderen ab, auch wenn das nichts bringt. »Oh«, macht sie und sie würde Mr. Inouye gerne über die Situation aufklären, aber da sie nicht allein sind, scheint es nicht der richtige Moment zu sein.
»In der Tat«, sagt ein dicklicher Mann, der gegenüber von Rem steht. »Wenn Sie sie in der Familie willkommen heißen, können wir uns bald über frohe Kunde freuen.«
Rem starrt den Mann an, dessen Grinsen und Blick auf Rems Bauch deutlich machen, dass er glaubt, Inouye und sie würden aus der Not heraus heiraten.
»Wollen Sie etwas andeuten, Mr. Chiba?«, fragt Inouye mit dunkler Stimme und einem Blick, der Mr. Chiba das Grinsen vergehen lässt.
Aber er ist nicht der einzige, der genervt ist. Als Rem gesagt hat, sie wolle Toshiro Inouye begrüßen, dachte sie dabei an ein kurzes Gespräch, nach dem sie die Feier verlassen könnte. Das Letzte, was sie will, ist, mit einem alten Mann zu streiten, der Gerüchte darüber in die Welt setzt, wie sie es geschafft hat, Inouye dazu zu bringen, sie zu heiraten. »Er will andeuten, dass ich schwanger bin und wir deshalb heiraten werden, oder habe ich das falsch verstanden?« Rem sieht den Mann auffordernd an, der nun wieder versucht, ein gelassenes Lächeln aufzusetzen.
»Mir ist eben der Ring an Ihrem Finger aufgefallen und in Anbetracht der Plötzlichkeit ist es die logische Schlussfolgerung. Ich hatte keine schlechten Intentionen. Es gibt also keinen Grund, sich aufzuregen.«
Rem schnaubt. »Es ist Weihnachten und mein Freund hat mir einen Ring geschenkt. Ich finde es nur lächerlich, auf welche Gedanken das einige bringt, aber vielleicht ist es ein zu hoher Anspruch meinerseits zu erwarten, dass Leute die Richtigkeit einer Sache überprüfen, bevor sie sprechen.«
Mr. Chibas Augen werden schmal, während sein Lächeln breiter wird. Im Gegensatz dazu klingt seine Stimme abweisend. »Ich bitte Sie, Ms. Aozora, regen Sie sich nicht über so eine Kleinigkeit auf.«
Rem hört, wie Inouye Luft holt, um etwas zu sagen, aber sie will keine Hilfe von ihm. »Verzeihen Sie, wenn es so geklungen hat«, sagt sie schnell und setzt ebenfalls ein Lächeln auf. »Ich verstehe, dass Sie lediglich an unseren Angelegenheiten interessiert waren, also tu ich Ihnen den Gefallen: Kohei und ich sind nicht verlobt und ich habe nicht vor, ihn in nächster Zukunft zu heiraten. Vergessen Sie das nicht, wenn sie das nächste Mal über Kleinigkeiten plaudern wollen.«
Mr. Chiba öffnet den Mund, aber Rem richtet ihren Blick auf Mr. Inouye. »Verzeihen Sie noch einmal die Störung. Es war nicht meine Absicht, Ihre Unterhaltung mit etwas derart Unbedeutendem zu unterbrechen. Wenn Sie mich entschuldigen würden.« Sie neigt höflich den Kopf, bevor sie sich abwendet und die Gruppe verlässt.
»Rem«, hört sie Inouyes Stimme hinter sich, dessen Hand sie immer noch hält, aber sie verlangsamt ihr Tempo nicht, bis sie den Saal verlassen haben.
»Rem«, sagt Inouye erneut, als sie im Flur sind.
»Nicht hier«, sagt Rem, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Ich will das nicht hier besprechen.«
Daraufhin schweigt er, aber Rem kann seinen Blick auf sich spüren. Sie erreichen den Fahrstuhl und Rem starrt stur die Türen an, während sie sich bemüht, seinen Blick zu ignorieren. Sie weiß, dass es ein Fehler war, vor Mr. Inouye und seinen Freunden die Beherrschung zu verlieren, aber es war ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um ihre Beziehung zu Inouye anzusprechen. Sie daran zu erinnern, dass der Ring, den sie auf seinen Wunsch hin trägt, alle glauben macht, dass sie verlobt wären. Für ihren Plan, Sasaki zu provozieren, mag er hilfreich gewesen sein, aber Rem kennt Inouye gut genug, um zu wissen, dass er es auch ohne Ring geschafft hätte, Sasaki zum Reden zu bringen.
Und dann ist da die Sache mit Mr. Blake. Der Gedanke, dass Rem nie etwas davon erfahren hätte, wenn Inouyes Bruder es nicht erwähnt hätte, gibt ihr ein bitteres Gefühl im Magen. Sie hatte sich ehrlich für Mr. Blake gefreut, als sie von der Beförderung erfahren hat, auch wenn sie Bedauern darüber empfand, nicht mehr mit ihm zu arbeiten. Sie mag seine direkte Art und ihr vertrautes Verhältnis macht die Zusammenarbeit mit ihm einfach und angenehm. Auch wenn sie es am Anfang nicht für möglich gehalten hätte, ist er jemand, auf den sie sich verlassen konnte, demnach ist das Gefühl von Bedauern selbstverständlich.
Aber wie soll sie sich jetzt fühlen, da sie weiß, dass er nicht versetzt wurde, weil er außergewöhnliche Arbeit geleistet hat oder weil er unbedingt nach England zurückwollte. Der einzige Grund dafür ist, dass Inouye sie nicht gern zusammen sieht.
Rem rollt frustriert mit den Augen, während sie sich davon abhält, das Gesicht zu verziehen und fragt sich, wie lange der Fahrstuhl noch braucht.
Inouye starrt sie immer noch an und plötzlich genervt davon öffnet Rem ihre Hand, um sie aus seiner zu lösen. Da sie den Saal verlassen haben, ist es nicht mehr nötig, sich an den Händen zu halten. Aber Inouyes Griff wird fester.
Rem sieht ihn verärgert an. »Ich will den Schlüssel für die Tür aus meiner Handtasche holen«, sagt sie und zieht erneut auffordernd an ihrer Hand.
»Ich hab auch einen Schlüssel«, antwortet Inouye unbeeindruckt und ohne sie loszulassen.
Rem holt Luft, um etwas zu erwidern, aber in diesem Moment öffnen sich die Fahrstuhltüren. Anstatt etwas zu sagen, seufzt Rem und betritt mit schnellen Schritten den Flur, in dem ihre Suite liegt.
»Rem.« Inouyes Stimme klingt düster, aber Rem ignoriert ihn.
Ihre Suite liegt nicht weit vom Fahrstuhl entfernt und als Inouye den Schlüssel aus seiner Hosentasche zieht und die Tür aufschließt, nutzt Rem die Gelegenheit, um ihre Hand aus seiner zu ziehen.
Inouye hält daraufhin inne und wirft ihr einen Blick zu, aber er öffnet die Tür und hält sie ihr auf.
Rem tritt ein, in der Absicht ihre Handtasche und die Pelzstola auf dem Tisch abzulegen. Aber kaum, dass das Geräusch der Tür, die ins Schloss fällt, hinter ihr ertönt ist, schlingen sich zwei Arme um sie.
»Es tut mir leid!« Inouye drückt sie fest gegen sich, während er das Gesicht in ihrer Halsbeuge vergräbt. »Ich hätte das nicht tun sollen, es tut mir leid.«
Rem legt die Stirn in Falten. »Wofür entschuldigst du dich?«
»Du bist wütend. Aber ich mache es wieder gut«, sagt er und sie spürt, wie seine Lippen über ihren Hals streichen.
Sie drückt gegen ihn. »Lass mich los.«
Inouyes Umarmung wird fester. »Es tut mir leid.«
»Lass mich los!«, wiederholt Rem eindringlicher, aber sie spürt, wie er den Kopf schüttelt. »Wenn ich dich loslasse, gehst du. Aber du kannst mich jetzt nicht verlassen.«
Sie wirft ihm einen irritierten Blick zu. »Wann habe ich gesagt, dass ich das will?«
»Du hast gesagt, du hast nicht vor, mich zu heiraten.«
Rem atmet aus. »Das habe ich auch nicht. Im Moment. Man heiratet nicht, nachdem man gerade mal ein paar Wochen zusammen ist und jetzt lass mich los, damit wir reden können.«
Inouye rührt sich nicht, aber seine Umarmung lockert sich etwas. »Wir können so reden.«
»Wieso benimmst du dich kindisch?«, seufzt Rem und zieht an seinem Arm. Aber der Ärger, der sich in ihr angestaut hat, verblasst. »Ich bin nicht wütend, aber wir müssen über ein paar Dinge reden, also bitte lass mich los.«
Es dauert einen Moment, aber schließlich lockern sich Inouyes Arme, sodass Rem sich befreien kann. »Komm«, sagt sie und zieht ihn mit sich zum Sofa. Dort setzt sie ihn ab, bevor sie sich gegenüber auf einen Sessel setzt, was Inouye mit Missmut beobachtet.
»Zuallererst möchte ich nicht, dass du mich so zu deinem Großvater zerrst«, beginnt Rem und legt ihre Handtasche auf dem Tisch vor sich ab. »Ich will nicht unhöflich sein, unabhängig davon, wie unsere Beziehung aussieht.«
»Warst du doch nicht, sondern ich«, brummt Inouye. »Und du kannst so unhöflich sein, wie du willst.«
»Ich will überhaupt nicht unhöflich sein«, sagt Rem und ihr geht durch den Kopf, dass er nicht zu verstehen scheint, weshalb sie von seiner Familie nicht als unhöflich betrachtet werden will. »Würde es dich nicht auch stören, wenn meine Eltern dich für einen respektlosen Rüpel halten?«
Auf ihre Worte hin versteift er sich und sieht sie mit einem Blick an, als hätte sie ihn gerade an einen wichtigen Termin erinnert, den er vergessen hat. »Deine Eltern?«
Rem beobachtet seinen panischen Ausdruck fasziniert. Vielleicht liegt es daran, dass er noch nie ernsthaft mit einer Frau ausgegangen ist, aber er scheint wirklich nicht daran gedacht zu haben, ihre Eltern zu treffen. »Ich habe ihnen bisher noch nichts von dir erzählt, weil meine Mutter alles getan hätte, um dich zu treffen und ich wollte uns erst Zeit geben.«
Inouye nickt, aber er sieht eingeschüchtert aus, was ein so befremdlicher Anblick ist, dass Rem sich nicht entscheiden kann, ob sie sich entschuldigen oder lachen soll. Aber sie tut nichts von beidem und konzentriert sich stattdessen auf das, worüber sie eigentlich mit ihm reden will. »Wieso hast du Mr. Blake für die Stelle in England empfohlen?«
Inouyes Ausdruck ändert sich augenblicklich. Seine Miene verhärtet sich und er zieht die Brauen zusammen. »Ich weiß, dass du das anders siehst, aber er hat definitiv etwas für dich übrig. Was hätte ich tun sollen, wenn du das nicht merkst.«
Rem hebt die Brauen. »Das ist deine Rechtfertigung?«, fragt sie mit kühler Stimme und verschränkt die Arme vor der Brust.
Aber auch seine Miene verdüstert sich. »Wieso stört es dich? Wenn er nur ein Kollege war.«
Rem starrt ihn an. »Achso«, sagt sie mit kontrollierter Stimme, während Wut in ihr aufsteigt. »Du dachtest also, dass ich mich sofort auf ihn einlassen würde, weil ich die Art von Frau bin, die sich auf jeden einlässt, der Interesse an ihr zeigt und du wolltest dem einfach zuvor kommen.«
»Nein!« Inouye hebt abwehrend die Hände. »Das würde ich nie denken! Ich wollte ihn davon abhalten, dich zu belästigen, das ist alles!«
»Mr. Blake hat mich nie belästigt.«
Inouye seufzt und reibt sich mit einer Hand über die Stirn. »Für dich war er vielleicht nur ein Kollege, aber ich weiß, wie er dich angesehen hat.«
»Behandle mich nicht, wie ein naives Dummchen! Ich weiß auch, welches Interesse er an mir hatte«, sagt Rem mit barscher Stimme.
Inouye erstarrt. Dann hebt er den Kopf und starrt Rem an, als hätte er nie erwartet diese Worte von Rem zu hören.
Es ist so lächerlich, dass Rem schnaubt. »Er wollte unbedingt, dass ich für ihn modle und er hat zugegeben, dass er es will, weil er mich attraktiv findet. Natürlich wusste ich es.«
Inouyes Blick ist noch immer fassungslos. »Aber wieso hast du dann einfach weiter mit ihm gearbeitet?«
»Weil es keinen Grund gab, es nicht zu tun. Meine Beziehung zu ihm war rein professionell, ganz egal, was er persönlich von mir gehalten hat. Er hat mir sogar mehrere Male versichert, dass er nicht vorhat, unsere Beziehung zu ändern.«
»Weil er dachte, dass wir ein Paar sind, aber dann hast du ihm gesagt, dass es nicht so ist.«
»Nein!«, sagt Rem vehement und schüttelt den Kopf. »Du verstehst hier etwas grundlegend falsch. Meine Beziehung zu Mr. Blake hat nichts mit meiner Beziehung zu dir zu tun. Es ist meine Entscheidung, mit wem ich welche Art von Beziehung haben will, und nicht die von jemand anderem. Nicht von Mr. Blake und nicht von dir.«
Inouye legt die Stirn in Falten. »Was willst du damit sagen?«
Rem löst ihre Arme und stützt die Ellbogen auf die Knie, während sie sich vorbeugt. »Damit will ich sagen, dass du nicht das Recht hast, darüber zu entscheiden, mit wem ich mich treffen darf und mit wem nicht, nur weil ich deine Freundin bin.«
Inouye schnaubt und dreht den Kopf weg. »Ich soll also einfach daneben sitzen und nichts tun, wenn du dich mit einem Kerl triffst, der es auf dich abgesehen hat.«
»Du lässt es klingen, als würde ich mit anderen Männern ausgehen wollen, während wir zusammen sind. Wieso vertraust du mir so wenig?«
Er richtet seinen Blick wieder auf sie. »Du hast gesagt, du würdest eifersüchtig werden, wenn ich mit anderen Frauen zusammen bin. Wieso ist es schlimm, wenn ich auch eifersüchtig bin?«
»Es geht nicht darum, dass du eifersüchtig bist, sondern darum, dass du damit rechtfertigst, dich hinter meinem Rücken in meine Beziehungen zu anderen Leuten einzumischen.«
»Ist unsere Beziehung nicht wichtiger als die zu Mr. Blake?«, fragt Inouye aufgebracht und Rem hat das Gefühl, dass er nicht im mindesten versteht, wo das Problem liegt. Und das, obwohl er sich vorhin so oft bei ihr entschuldigt hat, was ihr verrät, dass er sehr wohl wusste, wie sie auf seine Beteiligung an Mr. Blakes Versetzung reagieren würde.
Sie seufzt und senkt den Blick. »Das stimmt und ich werde nicht mit dir Schluss machen, egal wie dieses Gespräch verläuft. Aber das ändert nichts an dem Problem.« Sie richtet ihren Blick wieder auf Inouye. »Ich will mich nicht jedes Mal fragen müssen, ob du dahinter steckst, wenn jemand befördert wird oder wegzieht. Und wie kann ich mit dir über Dinge reden, die mich beschäftigen, wenn ich nicht weiß, ob du hinter meinem Rücken etwas dagegen unternimmst. Verstehst du, was ich sagen will?«
Diesmal zögert Inouye. Er scheint zu verstehen, dass es ihr wichtig ist, auch wenn sie sich nicht sicher ist, ob er versteht, wieso. »Es...ist nicht so, dass ich etwas Schlimmes getan habe. Mr. Blake hat die Beförderung angenommen, also wollte er sie und du hast selbst gesagt, dass er in Japan unglücklich war.«
»Es stört mich nicht, dass Mr. Blake versetzt wurde und es hätte mich auch nicht gestört, dass du ihn dafür empfohlen hast, wenn du es seinetwegen getan hättest. Aber du wolltest nicht, dass er befördert wird, sondern dass er aus meinem Leben verschwindet. Was, wenn er die Beförderung nicht angenommen hätte?«
Inouye schüttelt den Kopf, aber er weicht erneut ihrem Blick aus. »Ich hätte ihm nichts getan, falls du das sagen willst.« Er klingt beleidigt, aber es gibt etwas Dringenderes, das Rem beschäftigt. »Ihm vielleicht nicht«, sagt sie mit angespannter Stimme. »Aber was ist mit Kosuke.«
Inouyes Blick richtet sich ruckartig auf sie und das ist genug, um Rems Befürchtung zu bestätigen. Obwohl sie froh darüber war, dass Kosuke aus ihrem Leben verschwunden ist, hat sie sich gewundert, dass er sie nicht kontaktiert hat. Und es ist ein bitteres Gefühl gewesen, da sie erwartet hat, dass er sich wenigstens bei ihr entschuldigen würde.
Sie vergräbt das Gesicht in den Händen. Sie weiß, dass Inouye nichts davon getan hat, um sie zu verletzen, im Gegenteil sogar. Aber auf diese Weise führt er ihr zu deutlich vor Augen, wie viel Einfluss er auf ihr Leben nehmen kann, wenn er will, und wie machtlos sie dagegen ist. Es ist ein beängstigender Gedanke.
»Ich habe ihm nichts getan!«, sagt Inouye und er klingt aufgebracht. »Ich habe ihm nur gesagt, dass er sich von dir fernhalten soll.«
Rem kneift die Augen zusammen. »Lüg mich nicht an. Wenn das alles gewesen wäre, hätte es Kosuke nicht aufgehalten.«
Inouye seufzt. »Ich habe…«, setzt er etwas verhaltener an. »Ich habe nur erörtert, was passieren könnte, wenn er nicht tut, was ich sage.«
Rem hebt den Kopf. »Du hast ihm gedroht«, berichtigt sie.
»Ich habe ihm nur gedroht«, sagt er mit erhobenem Finger. Aber dann huscht sein Blick zur Seite.
Rem runzelt die Stirn.
Inouye räuspert sich. »Und vielleicht habe ich ein- oder zweimal zugeschlagen.«
»Du hast ihn geschlagen?!« Rem will sich die Haare raufen, nur um daran erinnert zu werden, dass sie ein Haarteil trägt. Sie will gar nicht wissen, was Inouye mit ‚ein- oder zweimal‘ meint. Er geht regelmäßig in die Boxhalle und Kosuke ist neben ihm geradezu zierlich. »Bitte, egal, aus welchem Grund, ich möchte nicht, dass du jemanden meinetwegen verprügelst.«
Inouye gibt ein verärgertes Zischen von sich. »Er hat es nicht anders verdient! Wieso nimmst du ihn in Schutz?«
»Ich nehme ihn nicht in Schutz. Ich will dich davon abhalten, dich in Schwierigkeiten zu bringen. Du bist nicht irgendwer und du könntest Probleme bekommen, wenn es Gerüchte darüber gibt, dass du gewalttätig bist.«
Inouyes Miene glättet sich etwas. »Du machst dir Sorgen um mich?«
»Um wen sonst?!«, faucht Rem ungehalten. »Mr. Blake und ich haben gut zusammengearbeitet, aber ich habe keinen Grund, ihm seine Beförderung nicht zu gönnen, auch wenn er sie durch dich bekommen hat. Und was Kosuke angeht, habe ich mir Sorgen gemacht, ihn nicht loszuwerden und ich wollte, dass er mich in Ruhe lässt. Aber ich hätte gern gewusst, dass er es deinetwegen getan hat und nicht, weil ihm nicht leidgetan hat, was passiert ist. Und dass ich mir keine Sorgen darum machen muss, dass er plötzlich auftaucht.« Gegen ihren Willen bebt ihre Stimme bei den letzten Worten und dem Gedanken an die Nacht, in der sie Kosuke zum letzten Mal gesehen hat. Sie will nicht daran denken. Das wollte sie nie und doch hatte sie sich davor gefürchtet, was passieren könnte, wenn sie es nicht tut. Wenn Kosuke eines Tages aufgetaucht wäre und sie ihn nicht mehr losgeworden wäre. Ob es nötig wäre, ihn anzuzeigen, obwohl ihre Aussichten auf eine Verurteilung von Kosuke wegen einer versuchten Vergewaltigung unterirdisch schlecht wären. Ob sie es über sich bringen würde, ihn anzuzeigen.
Sie steht auf. »Ich bin nicht wütend, aber bitte, wenn du das nächste Mal eifersüchtig bist, rede mit mir und tu nicht heimlich irgendetwas hinter meinem Rücken.«
Inouye sieht zu ihr auf und sie kann sehen, dass er merkt, dass sie um ihre Fassung kämpft. Und da sie nicht vor ihm in Tränen ausbrechen will, wendet sie sich ab und macht sich auf den Weg ins Bad.
»Wo gehst du hin?«
Sie hört, wie Inouye ebenfalls aufsteht. »Mich umziehen«, antwortet sie, ohne stehenzubleiben. »Ich bin müde.«
Nachdem Rem sämtliche Accessoires von ihrem Körper entfernt hat, duscht sie, nur um festzustellen, dass das einzige Kleidungsstück, das ihr bleibt, ein dünnes schwarzes Negligé ist, das als Schlafbekleidung für den Winter völlig ungeeignet ist. Sie weiß nicht einmal, wo es herkommt, aber sie muss sich nicht fragen, auf wessen Bitten es hier ist.
Sie zieht es an, da ihr keine andere Möglichkeit bleibt, wenn sie nicht wieder ihr Abendkleid anziehen will, da ihre Straßenklamotten verschwunden sind. Aber sie zieht einen der Bademäntel darüber, nicht nur, weil es wärmer ist, sondern weil die Situation kaum angebracht ist, um in einem sexy Negligé aus der Dusche zu kommen.
Als Rem in den Salon der Suite zurückkehrt, steht Inouye vor dem Fenster, die Hände in den Hosentaschen. Er hat sein Jackett ausgezogen, das auf dem Sofa liegt, wobei Rem auffällt, dass auf dem Teetisch neben ihrer Handtasche die Holzbox mit den Tassen steht. Jemand muss sie hergebracht haben, während Rem im Bad war.
Sie geht auf Inouye zu, der sie hört und sich zu ihr umdreht.
Das Licht im Salon ist gedimmt, sodass die blinkenden Lichter der dunklen Stadt durch das Fenster gut zu sehen sind. Und vor der leuchtenden Kulisse steht Inouye mit einem nicht weniger strahlenden Lächeln. Er hat seine Krawatte gelöst, seine Weste und den Kragen seines Hemds aufgeknöpft und sein blondes Haar ist etwas weniger ordentlich. Aber wenn überhaupt macht ihn das noch attraktiver.
Rem geht durch den Kopf, dass sie ihn mit ihrem Handy aufnehmen könnte und selbst daraus ließe sich eine erfolgreiche Werbung machen.
»Bist du fertig?«, fragt er mit weicher Stimme, aber die Situation kommt Rem plötzlich so unwirklich vor, dass sie nur dastehen und ihn anstarren kann. Er sieht aus, als wäre er dem Cover eines Magazins entsprungen, aber in Rem breitet sich das nicht zurückzudrängende Gefühl aus, dass etwas nicht richtig ist.
»Du bist doch nicht immer noch wütend auf mich?«, fragt er und kommt auf sie zu. »Es tut mir leid und ich werde es nie wieder tun.«
Rem starrt sein Gesicht an, auf dem immer noch ein strahlendes Lächeln zu sehen ist und sie begreift, was sie daran stört. Es ist nicht echt.
Inouye bleibt vor ihr stehen und streckt die Hand nach ihr aus. »Was muss ich tun, damit du mir vergibst?«
Rem packt seine Hand, bevor er sie berühren kann.
Sein Blick huscht zu ihren Händen und sein Ausdruck versteift sich etwas.
»Tu das nicht«, sagt Rem mit tonloser Stimme.
Inouyes Augen richten sich wieder auf sie. »Was denn?«, fragt er mit derselben weichen Stimme wie zuvor.
»Du spielst mir etwas vor«, sagt sie und beobachtet seine Reaktion auf ihre Worte. Aber sie ist kaum erkennbar. »Als du vorhin gesagt hast, dass du es nie wieder tun würdest, meintest du das ernst?«
Inouye sieht erneut zu ihren Händen.
»Oder wirst du das nächste Mal einfach besser darauf achtgeben, dass ich nichts erfahre?«
»Ist das wichtig?«, fragt er mit unbekümmerter Stimme, während er seinerseits ihre Hand greift und zu sich zieht. »Willst du über etwas streiten, dass noch nicht passiert ist?« Er führt ihre Hand zu seinem Mund, aber Rem windet sie aus seinem Griff, bevor seine Lippen sie berühren können.
»Du willst also einfach weiter tun, was du willst, und wenn ich dahinter komme, entschuldigst du dich und damit hat es sich?!«
Er betrachtet seine nun leere Hand einen Moment, als wäre er überrascht, aber dann lächelt er sie weiter an. »Wenn du mich so fragst, ja.«
Rem starrt ihn entgeistert an. Dann wendet sie sich ab und fährt sich mit der Hand übers Gesicht. Ein Gefühl der Hilflosigkeit überkommt sie, als sie begreift, dass alles, was sie zuvor zu ihm gesagt hat, an ihm vorbeigegangen ist. Oder vielleicht reagiert sie übertrieben und sieht die Situation zu eng. Möglicherweise hat Inouye einfach eine einfache und günstige Gelegenheit gesehen und in einem emotionalen Moment eine Entscheidung getroffen. Schließlich hat er lediglich eine Empfehlung abgegeben und es war Mr. Blakes Entscheidung, sie anzunehmen. Aber sein Verhalten Kosuke gegenüber zeigt ihr, dass es keineswegs eine einmalige Entscheidung war.
Eine Hand streicht ihre Haare zurück und sie spürt, wie seine Fingerspitzen über ihren Hals streichen. »Was stört dich so sehr?«, wispert er mit sanfter Stimme in ihr Ohr, während sich sein Arm um ihre Mitte schlingt.
Rem lehnt ihren Kopf von ihm weg und versucht, ihn anzusehen. »Verstehst du das nicht?«
»Dir gefällt es nicht, dass ich Mr. Blake weggeschickt habe, aber wenn ich es nicht getan hätte, wer weiß, wie oft wir uns seinetwegen gestritten hätten. Das hatten wir schon oft genug, ohne dass wir ein Paar waren, und er hat die lästige Angewohnheit uns zu den unpassensten Momenten zu stören.«
»Darum geht es nicht!« Rem packt seinen Arm, den er um sie gelegt hat, und versucht, ihn von sich wegzuziehen. »Es geht um deine Beweggründe. Was hättest du getan, wenn Mr. Blake die Beförderung nicht angenommen hätte?«
»Mir wäre etwas anderes eingefallen«, erwidert Inouye unbeeindruckt, während er nach einigem Widerstand zulässt, dass sie seinen Arm wegschiebt. Dabei hält er jedoch das Band ihres Bademantels fest, sodass es sich löst.
Rem schlägt seinen Handrücken, damit er das Band loslässt und dreht sich zu ihm um, wobei sie unterstreichend ihren Bademantel wieder zumacht. Sie funkelt ihn verärgert an. »Wie würde es dir dabei gehen, wenn ich einfach irgendwelche Frauen hinter deinem Rücken verschwinden lassen würde, nur weil ich nicht will, dass du dich mit ihnen triffst?«
Inouye, der etwas verdutzt auf seine Hand geschaut hat, richtet seinen Blick auf sie. Dann rollt er mit den Augen und ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. »Ich würde denken, dass ich eine unglaublich süße Freundin habe und mich sehr geschmeichelt fühlen.«
Rem starrt ihn an. Nicht nur kommt ihr diese Antwort sehr ungelegen, sie hat nicht erwartet, dass er es als Zeichen von Zuneigung interpretieren würde. »Und wenn es jemand ist, mit dem du zusammenarbeitest?«
»Niemand ist wichtiger als du«, erwidert er und streckt erneut die Hand nach ihr aus. Er berührt ihre Wange, während sich sein anderer Arm um ihre Taille legt.
Rem beißt sich auf die Lippe. In diesem Moment wäre es eine Lüge zu behaupten, dass sie nicht beunruhigt ist, aber mehr als das stört es sie, dass er sie immer noch mit diesem Plastiklächeln ansieht.
Sein Arm schlingt sich fester um sie und drückt sie an ihn, und Rem hat das Gefühl, dass er sie diesmal nicht loslassen wird. Und, als würde es ihn amüsieren, dass sie zu dieser Erkenntnis gekommen ist, wird sein Lächeln breiter.
Rem erschaudert. Dann packt sie seinen Kragen und zieht ihn zu sich herunter. »Hör auf, mich anzugrinsen, als wäre ich ein Kunde, den du übers Ohr hauen willst! Denkst du, das funktioniert bei mir?!«
Seine Augen weiten sich. »Oh, das hast du gemerkt?« Belustigung schwingt in seiner Stimme mit und Rem hätte ihn am liebsten geschüttelt. »Nimmst du das überhaupt ernst?!«
»Hm...« Er mustert sie mit einem ungewöhnlich ehrlichen Blick. »Ich verstehe, dass du wütend bist, aber eigentlich interessiert mich mehr, was du unter dem Bademantel trägst.« Sein Blick huscht an ihr hinunter.
»Du!« Rem zieht stärker an seinem Kragen. »Ist das alles ein Witz für dich?!«
Und tatsächlich hat er die Frechheit zu lachen. Aber das Schlimmste ist nicht, dass er lacht. Das Schlimmste ist, dass er dabei unverschämt charmant aussieht. Sie weiß nicht, ob es Absicht ist, aber sie weiß sehr wohl, dass er es ausnutzen wird, sollte ihm auffallen, dass sie sich ablenken lässt.
Und so lässt Rem seinen Kragen los und packt seine Haare. In dem Wissen, dass selbst er idiotisch aussehen muss, wenn er völlig verstrubbelt ist, zieht und zerzaust sie seine Haare
»Au! Hey!« Inouye lässt sie los und weicht zurück, den Kopf gesenkt und mit erhobenen Armen, in dem Versuch seinen Kopf zu schützen, und Rem führt ihn auf das Sofa zu. Dann gibt sie ihm einen Stoß.
»Woah!« Inouye stolpert rückwärts und landet auf dem Sofa.
Rem klettert auf ihn und versenkt ihre Hände erneut in seinen Haaren.
»Ah! Rem! Was soll das?«
»Das hast du davon, ein sturer, unsinniger Idiot zu sein«, erwidert Rem, ohne nachzulassen.
»Was? Hey!« Inouye versucht ihre Handgelenke zu packen, woraufhin Rem versucht, seine Arme mit ihren Knien auf das Polster zu drücken. Dabei muss sie jedoch seine Haare in Ruhe lassen, um nicht die Oberhand zu verlieren und schließlich hält sie seine Handgelenke fest, während sie etwas außer Atem auf seiner Brust sitzt und mit den Beinen seine Arme fixiert.
Nicht, dass Inouye noch groß Widerstand leistet. Er liegt unter ihr, fast schon entspannt, und alles, was darauf hindeutet, dass er sich gerade angestrengt hat, ist ein Anflug von Röte auf seinen Wangen.
Rem starrt frustriert auf ihn hinab. Seine Haare stehen, ganz wie geplant, in alle Richtungen ab, aber alles, was das ändert, ist, dass er jetzt perfekt mit zerzausten Haaren aussieht.
»Rem?«
»Was?«, fragt Rem mit barscher Stimme, irritiert davon, dass sie sich nicht über ihn und seine wirren Haare lustig machen kann.
»Ich bin verwirrt«, sagt Inouye, der unter ihrem Blick etwas unbehaglich wirkt. »Bist du wütend oder versuchst du, mich zu verführen?«
Rems Augen schmälern sich und sie mustert ihn skeptisch. »Welcher Teil hiervon wirkt auf dich, als wollte ich dich verführen?«
»Na ja, du hast mich aufs Sofa gedrückt«, sagt er und sein Blick huscht an ihr hinunter. »Und du sitzt auf mir und du hast, ähm, diesen Bademantel an.« Ein Grinsen zupft an seinen Lippen, während er sie eindringlich in Augenschein nimmt.
»Was ist an einem Bademantel verführerisch?«, fragt Rem, sieht aber an sich hinunter. Und dann versteht sie, was er meint. Der Bademantel, ein weißes und flauschiges Exemplar, ist an sich nicht sehr reizvoll, aber er ist während ihrer Rangelei verrutscht. So sind ihre Beine entblößt, mit denen sie Inouye fixiert, und ihre linke Schulter, sodass das Negligé zum Vorschein kommt, dass sie unter dem Bademantel trägt. »Oh«, macht Rem und lässt ihn los, um sich wieder zu bedecken.
»Nicht.« Inouye streckt die Hand nach ihr aus und hält den Bademantel fest, als sie ihn sich über die Schulter ziehen will.
Rem sieht ihn an, dann zu seiner Hand, die den Stoff festhält. Und dann schlägt sie ihm erneut auf den Handrücken.
»Au!« Inouye zieht seine Hand zurück und sieht sie beleidigt an.
»Ich werde mich nicht ausziehen, bevor das nicht geklärt ist«, sagt sie, während sie den Bademantel sorgfältig zurechtzieht. Dann stützt sie ihre Hände rechts und links von seinem Kopf auf dem Sitzpolster auf.
Inouye starrt zu ihr auf. »Ich glaube, ich bekomme Angst.«
»Lass die Witze und hör zu!«, sagt Rem resigniert.
»Nicht nötig.« Inouyes Grinsen verschwindet und er packt Rem, um sie von seiner Brust auf seinen Schoß zu setzen. Er macht das so mühelos, dass es Rem ein wenig ärgert, da er sie zuvor offensichtlich hat machen lassen.
Er setzt sich auf und legt die Arme um sie. »Nichts von dem, was ich getan habe, war gemeint, um dich wütend zu machen. Ich wollte nicht, dass du diesen Mistkerl von einem Ex wiedersehen musst und ich dachte, dass es angenehmer wäre, wenn du nicht mit einem Mann zusammenarbeiten musst, der dir an die Wäsche will.« Er spricht mit ruhiger Stimme, während seine Hände ihr sanft den Rücken streicheln.
Aber Rem verschränkt die Arme vor der Brust. »Und bei all den Gedanken über mein Wohlbefinden, ist dir nicht einmal eingefallen, mich danach zu fragen?«
Er mustert ihren Gesichtsausdruck und schnaubt dann belustigt. Eine Hand löst sich von ihrem Rücken und streicht ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. »Warum sollte ich es dir sagen, wenn ich weiß, dass du mich davon abhalten würdest?«
Rems Miene verdüstert sich. Aber es sollte sie nicht überraschen, dass es nichts an der Situation ändert, wenn sie ihm die Haare zerzaust.
»Mein Bruder hat recht, weißt du?« Inouye betrachtet seine Hand, die mit ihren Haaren spielt. Dabei hat er einen eigenartig abwesenden Blick in den Augen. »Ich bin besitzergreifend und eifersüchtig. Und selbst wenn du jetzt mit mir Schluss machst, wirst du mich für die nächsten zehn Jahre nicht los. Mindestens.«
»Wieso sollte ich Schluss machen?!«, fragt Rem, die im Gegensatz zu zuvor mehr Wut als Hilflosigkeit verspürt.
Inouye blinzelt und richtet seinen Blick auf sie. »Willst du nicht?«, fragt er und klingt etwas verwirrt.
»Nein! Ich bin einfach wütend auf dich!«
Inouye starrt sie an. »Aber vorhin hast du gesagt, du willst mich nicht heiraten, weder jetzt noch in Zukunft.«
»Ich habe ‚in nächster Zukunft‘ gesagt«, sagt Rem und hebt unterstreichend einen Finger. »Und wie ich vorhin schon gesagt habe, heiratet man nicht einfach nach ein paar Wochen. Das ist eine wichtige Entscheidung und wir müssen mindestens eine Weile zusammengelebt haben, bevor wir darüber nachdenken können.«
»Heißt das, du willst bei mir einziehen?« Inouyes Augen leuchten erfreut auf.
»Nein!«, sagt Rem sofort und das Leuchten verschwindet wieder.
»Du weißt schon, dass es ein richtig guter Deal ist, mich zu heiraten? Du wärst auf der Stelle reich.« Inouye spricht mit schmollender Stimme und Rem packt erneut seine Haare. »Hör auf, dich aufzuführen, wie ein verzogenes, reiches Arschloch!«, faucht sie, während sie an seinen Haaren zieht. »Es beeindruckt mich nicht, wenn du mit deinem Geld angibst oder damit, dass du Leute verschwinden lassen kannst wie ein Gangster!«
»Auaa!«, jammert Inouye und greift nach ihren Handgelenken, um ihre Hände aus seinen Haaren zu ziehen.
Rem lässt ihn machen, starrt ihn aber weiterhin verärgert an. Jedenfalls für einen Moment. Inouyes Haare sind mittlerweile ein heilloses Durcheinander und anders als zuvor macht er ein beleidigtes Gesicht, was ihm einiges an Charme nimmt.
Rem beginnt zu lachen. Vielleicht hat sie die Sache zu streng gesehen. Was passiert ist, ist passiert und nichts davon ist im Ergebnis so schlecht, dass sie es ändern würde. Darüber hinaus ist Inouye vernünftig und klug, und sie weiß, dass er ihr zugehört hat. Es ist unwahrscheinlich, dass etwas wie mit Mr. Blake oder Kosuke noch einmal passiert, zumal Rem sowieso nicht die Art Frau ist, die von vielen Männern umworben wird.
»Lachst du mich aus?«, fragt Inouye matt und Rem, die immer noch lacht, nickt.
Inouye verzieht das Gesicht und tastet nach seinen Haaren, als wolle er sie wieder in Ordnung bringen. Aber dann überlegt er es sich anders und streckt die Hände nach Rems Gesicht aus. »Ruhe jetzt«, murmelt er, bevor er seine Lippen auf ihre drückt. Und diesmal schiebt Rem ihn nicht zurück.
Konstruktive Kritik ist immer erwünscht. Schreib mir, was du denkst und hilf mir damit weiter :)
© 2024 Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten.
Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen
Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.