Kitsune

XXV.

Drohende Gewissheit

Als Rem am nächsten Morgen von Inouyes Wecker geweckt wird, spürt sie zum ersten Mal die Folgen der unangenehmen Begegnung vom Vortag. Mit einem Stöhnen setzt sie sich auf, in der Hoffnung, dass die Schmerzen in ihrem Rücken nachlassen. Was sie nicht tun und als sie sich mit der Hand übers Gesicht fährt, spürt sie den Stoff der Bandagen, die Inouye ihr um die Knöchel gewickelt hat. Der gestrige Abend geht ihr durch den Kopf und sie vergräbt das Gesicht in beiden Händen.

Die Bettdecke neben ihr raschelt. »Alles in Ordnung?« Inouyes Stimme, rau vom Schlaf, ist dicht neben ihrem Ohr, und sie spürt, wie er einen Arm um ihre Mitte schlingt und das Kinn auf ihre Schulter legt. Er ist warm und seine Nähe ist mittlerweile so vertraut, dass Rem sich unbewusst gegen ihn lehnt.

»Wenn du dich noch ein bisschen ausruhen willst…«

Aber Rem schüttelt den Kopf, bevor er zu Ende sprechen kann. »Nein, schon gut«, sagt sie und tätschelt seine Hand auf ihrem Bauch. »Und ich hatte die ganze letzte Woche frei.«

Sie hört, wie er ausatmet. »Wie du willst. Aber lass es langsam angehen, okay?« Er drückt ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er sie loslässt und aus dem Bett klettert. »Ich mach Frühstück.«

Rem sieht ihm hinterher, bis er die Schlafzimmertür hinter sich geschlossen hat. Dann berührt sie ihre Wange. Ist es nur ihre Interpretation? Wegen der Natur ihres Verhältnisses ist es nicht verwunderlich, dass Körperkontakt zwischen ihnen keine große Sache ist, aber manchmal benimmt Inouye sich so missverständlich, dass Rem sich fragt, ob es wirklich nur das ist. Zärtlichkeiten wie ein Kuss nach dem Aufwachen oder Situationen, in denen es so wirkt, als wäre er eifersüchtig. Es ist zu leicht, auf den Gedanken zu kommen, dass er mehr für sie empfindet, als er sollte.

Das Problem ist, dass sie sich nicht sicher ist. Er hat nie eine Andeutung gemacht, dass er mehr will, als mit ihr zu schlafen, und er ist jemand, der Charme ausstrahlt, wenn er nur dasteht und atmet. Und sie weiß, dass sie für ihn vielleicht nicht ganz eine Freundin ist, aber etwas in der Art, sodass es nicht ungewöhnlich ist, dass er ihr Zuneigung zeigt. Wenn sie es also falsch interpretiert, wenn sie sich der Wunschvorstellung hingibt, er hätte sich in sie verliebt und falsch liegt…

Rem lässt ihre Hand sinken und presst die Lippen aufeinander. Nach ihrer Trennung von Kosuke hatten ihr zwei Dinge wieder auf die Füße geholfen und das waren Inouye und ihre Arbeit. Sie wüsste nicht damit umzugehen, sollte sie beides verlieren. Und so entscheidet sie weiterhin, die Augen zu verschließen und so zu tun, als wüsste sie nichts von alldem.


 

Im Büro wird Rem von neugierigen Blicken empfangen und sie sitzt kaum auf ihrem Platz, als sich Mori auch schon zu ihr herüber lehnt. »Guten Morgen!«, sagt sie mit einem breiten Lächeln und Erwartung in den Augen und erinnert Rem wieder daran, dass Inouye ihren Kollegen am Vortag nur eine knappe Erklärung ohne Einzelheiten gegeben hat.

»Guten Morgen«, erwidert Rem, um einiges weniger enthusiastisch. »Ms. Kondo wurde von ein paar Idioten bedroht, ich bin dazwischen gegangen und die Situation ist etwas eskaliert. Aber wie du sehen kannst, geht es uns beiden gut.« Sie sieht beim Sprechen ihren Bildschirm an, aber sie spürt, dass Mori sie ansieht.

»Du willst das wohl schnell abhaken«, bemerkt Mori mit einem amüsierten Unterton. »Aber das Wichtigste hast du ausgelassen. Deine verbundenen Hände und diese ausgeglichene Ausstrahlung, die du heute Morgen hast.«

Rem wirft ihr einen skeptischen Blick zu. Sie fühlt sich alles andere als ausgeglichen.

Mori grinst. »Hast du gut geschlafen?«

Rems Augen schmälern sich. Nach der ganzen Aufregung gestern, war sie so erschöpft, dass sie die ganze Nacht so tief geschlafen hat, dass bis zum nächsten Morgen keine blauen Flecken zu spüren waren. »Habe ich.«

Moris Grinsen wird breiter. »Und du warst über Nacht nicht bei dir zu Hause.«

Rem, die gerade ihr Passwort eingibt, zuckt zusammen und vertippt sich. Nach einer kurzen Pause löscht sie die schwarzen Punkte und tippt das Passwort nochmal ein. Mori antwortet sie nicht. Rem kann sehr überzeugend sein, wenn sie will, aber ironischerweise war sie schon immer eine schlechte Lügnerin.

Mori kichert. »Ihr zwei solltet es einfach offiziell machen.«

Zum ersten Mal dreht Rem ihren Kopf ihrer Kollegin zu. »So ist das nicht!«

Aber diesmal ist es Mori, die auf ihren Bildschirm sieht. »Wenn du das sagst.«

Rem starrt ihr Profil an. Dabei merkt sie nicht, dass jemand neben ihren Schreibtisch tritt.

»Verzeihen Sie, Ms. Aozora, aber hätten Sie einen Moment für mich?«

Rem blinzelt irritiert und sieht auf. Kondo steht vor ihr und spielt unruhig mit den Fingern.

»Ja, nehmen Sie sie mit. Es hat angefangen, hier kälter zu werden«, sagt Mori und Rem wirft ihr einen resignierten Blick zu. Aber sie steht auf.

Kondo lächelt schwach, bevor sie Rem zu einem leeren Videoraum führt. Dort angekommen verbeugt sie sich tief vor Rem. »Vielen Dank für Ihre Hilfe gestern!«

Rem starrt sie verdutzt an. »Oh…«

Kondo richtet sich wieder auf, aber sie sieht Rem nicht in die Augen. »Ich komme mir blöd vor, weil ich Sie da mit hineingezogen habe. Noch dazu stehen wir uns nicht unbedingt nah, deshalb will ich mich für den Ärger, den Sie meinetwegen hatten, entschuldigen.«

Rem mustert sie eingehend und verschränkt die Arme vor der Brust. »Sie müssen sich nicht dafür entschuldigen, dass Sie belästigt wurden, und wir müssen uns nicht nahestehen, damit ich einer Kollegin helfe, die bedrängt wird.« Sie denkt nicht groß über ihre Antwort nach, aber während sie spricht, fällt ihr auf, dass Inouye ihr etwas Ähnliches gesagt hat, als sie damals von Matsusaki bedrängt wurde. Wäre sie in Kondos Schuhen, würde sie sich wohl auch bei sich entschuldigen, gleichzeitig bereut sie nicht, was sie getan hat. Auch wenn sie dabei verletzt wurde, ärgert sie der Gedanke, dass ein kurzer Moment vor der Tür ausgereicht hat, um solche Idioten anzuziehen, mehr, als die Tatsache, dass die Situation eskaliert ist. Und Kondo hätte auch wütend darüber sein können, dass Rem sie durch ihr Handeln in Gefahr gebracht hat.

»Das stimmt, aber ich…« Kondo bricht ab und legt die Stirn in Falten. Dann schüttelt sie den Kopf. »Ich meine, ich war überrascht, dass Sie aufgetaucht sind. Sie haben wohl auch ein bisschen Luft gebraucht. Es ist ein bisschen peinlich, dass ich es nicht selbst regeln konnte, aber ich bin wirklich froh, dass Sie es waren.«

»Eigentlich habe ich Sie gesucht«, sagt Rem, während sie Kondo weiterhin mustert und sich fragt, weshalb sie so nervös ist. »Ich wollte Sie etwas fragen, aber Sie waren so lange weg, dass ich dachte, dass Sie vielleicht schon nach Hause gegangen sind. Also habe ich nachgesehen.«

Kondo richtet ihren Blick auf Rem. »Sie wollten mich etwas fragen?«

Rem nickt langsam und überlegt, ob das der richtige Augenblick ist. Aber dann beschließt sie, einfach geradeheraus zu fragen. »Was halten Sie von Ms. Sasaki?«

Kondos Augen weiten sich und sie macht ein so überraschtes Gesicht, dass Rem sich fragt, ob sie doch erst ihre Absichten hätte erklären sollen. Aber dann seufzt Kondo tief. »Wenn Sie mich so fragen, kennen Sie die Antwort wohl schon. Sie ist eine falsche Schlange und ich für meinen Teil kann sie nicht leiden.«

Rem sagt nichts. Sie hat diese Antwort erwartet, aber sie zu hören, ist dennoch überraschend.

»Darf ich fragen, wie Sie darauf gekommen sind?« Kondos Augen schmälern sich. »Hat sie Ihnen vielleicht etwas getan?«

»Nein, das nicht«, sagt Rem hastig, schließlich kann sie Kondo nicht sagen, dass sie nur wegen Inouye nach Sasaki fragt. »Es ist nur ihre Art…« Sie hält inne. Es stimmt vielleicht, dass Sasaki ihr nichts getan hat, aber sie wollte es. Sie hat Rem gedroht und als das nicht funktioniert hat, hat sie ihr ein missverständliches Foto geschickt, um sie von Inouye zu trennen. Aber auch das hat nicht funktioniert. Es fällt Rem schwer zu glauben, dass sie es dabei belassen würde.

»Hat sie Ihnen etwas getan?«, fragt Rem, die plötzlich ein ungutes Gefühl hat.

Kondo schnaubt, aber sie schüttelt den Kopf. »Nein, aber das war auch nicht nötig. Wenn sie jemandem etwas tun wollte, dann wären das wohl eher Sie, Ms. Aozora.«

»Wie meinen Sie das?«, fragt Rem scharf, während das ungute Gefühl in ihr wächst.

Kondo zuckt mit den Schultern. »Ich bin normalerweise niemand, der im Stillen erträgt, aber Sie wissen ja, wer ihr Vater ist. Er ist auch der einzige Grund, aus dem sie in der Monatsendauswertung so weit vorn liegt. Und vor einer Weile hätte sie beinah ein Unternehmen kaputt gemacht, nur weil es einen Deal mit ihr abgelehnt hat. Zum Glück ist Mr. Inouye eingesprungen, aber Sie verstehen sicher, was ich sagen will.«

Rem starrt Kondo an. Sie wollte ein Unternehmen kaputt machen? Das heißt wohl, dass sie ihren Vater darum gebeten hat und wenn Inouye einschreiten musste, dass ihr Vater dazu bereit war. Mit anderen Worten, sie hat einen starken Unterstützer im Rücken, der ihr erlaubt zu tun, was immer sie will. Einen starken Unterstützer…

Langsam hebt Rem die Hände und legt sie über ihren Mund. Deshalb war Furusawa so unbeeindruckt von einer Strafanzeige. Der Betrugsversuch war von Anfang an nicht seine Idee! Denn an dem Abend, als sie mit ihm wegen ihres E-Mail-Postfachs telefoniert hat, ist auch Sasaki da gewesen. Sie hat es Rem sogar erzählt, als sie ihr kurz darauf verraten hat, dass sie Inouye und Rem zusammen gesehen hat. Es passt auch, weil Sakitronics als einziger von Rems Kunden keine Mail bekommen hat. Die Frage ist nur, ob Inouye auch diesmal eingesprungen ist, weil er bereits wusste, dass es Sasakis Tun war und er versucht, sie zu schützen. Bei ihrem Gespräch über sie hat er sie in Schutz genommen und sie scheint ihm viel zu bedeuten. Auch wenn Rem nicht den Eindruck hat, dass es andersherum genauso ist.

»Ms. Aozora?«

Rem richtet ihren Blick wieder auf Kondo.

»Ist alles in Ordnung?«, fragt Kondo vorsichtig und Rem bemerkt, dass sie ein finsteres Gesicht macht.

»Wenn Sie so fragen, nein«, erwidert sie, bemüht um eine neutrale Miene. »Ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.«


 

»Das ist nicht Ihr Ernst.« Rem starrt den jungen Mann an, der bei dem aufgebauten Set sitzt und sich fröhlich mit einer Praktikantin unterhält. Sein Hemd ist aufgeknöpft und man hat ihm mehrere Lippenstiftabdrücke aufs Gesicht und den Oberkörper gemalt.

Rem richtet ihren Blick auf Mr. Blake, der gelassen neben ihr steht. Es ist der erste Termin für das Fotoshooting, bei dem Rem den Lippenstift von Syrene bewerben soll. Sie selbst trägt ein enges, schwarzes Kleid und so viel Make-up, dass sie aussieht wie eine Puppe. Außerdem wurden ihrem Kostüm fingerlose Spitzenhandschuhe hinzugefügt, um ihre Knöchel zu verbergen, die noch nicht ganz verheilt sind.

»Ist es Ihnen zu gewagt?«, fragt Mr. Blake, mit der Frechheit amüsiert dabei zu klingen. Er hatte eine ähnliche Reaktion, als sie ihm den Grund für ihre verletzten Knöchel genannt hat. »Ich dachte nicht, dass Sie sich von körperlicher Nähe einschüchtern lassen.«

Rem schnalzt mit der Zunge. »Darum geht es nicht! Aber dieser junge Mann sieht so aus, als wäre er noch in der Schule!«

Mr. Blake runzelt die Stirn und wirft dem Model einen Blick zu. »Finden Sie? Ich versichere Ihnen, er ist Student und nur drei Jahre jünger als Sie.«

Rem schaut ebenfalls zu dem jungen Mann, während sie denkt, dass es derselbe Altersunterschied ist, den sie zu Inouye hat. Er hat goldbraune Locken und ein schmales Gesicht mit feinen Zügen, die ihm ein unschuldiges Aussehen verleihen. Er sieht aus, als wäre er einem Shoujo Manga¹ entsprungen. Und als wäre er von einer Frau mit zu viel Lippenstift ins Bett gezerrt worden.

Ms. Nishioka hat ganze Arbeit geleistet. Seine Haare sind auf perfekte Weise zerzaust und obwohl er eine ähnliche Menge an Make-up tragen dürfte wie Rem, sieht man es kaum.

»Sie haben davon gesprochen, dass Sie etwas Gewagtes wollen. Ich habe erwartet, dass Sie mir einen Partner geben, der etwas gefährlicher wirkt.«

Mr. Blake runzelt die Stirn. Dann legt er sich eine Hand ans Kinn, während er Rem mustert. »Weniger verspielt und mehr Gefahr. Das ist eine Überlegung wert, aber lassen Sie uns zuerst ausprobieren, wie es wirkt.« Er hebt eine Hand und winkt dem Model zu. »Mr. Sawada!«

Der junge Mann dreht den Kopf und als er Mr. Blake und Rem entdeckt, kommt er sofort zu ihnen herübergelaufen. Dabei nimmt er Rem neugierig in Augenschein.

»Mr. Sawada, das ist Ms. Rem Aozora, Ihre Partnerin für das heutige Shooting«, sagt Mr. Blake und deutet auf Rem, die höflich den Kopf neigt. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Sawada.«

»Mich auch! Und nennen Sie mich einfach Yuji! Sie sehen wirklich toll aus, Senpai²!« Er lächelt sie so strahlend an, dass Rem verdutzt blinzelt. »Oh, danke. Aber das ist mein erster Modeljob, ich bin also wohl kaum Ihr Senpai.«

Er sieht sie einen Moment überrascht an und Rem fragt sich schon, ob es ihn stört, dass sie keine Arbeitserfahrung hat, als er wieder zu lächeln beginnt. »Wie wäre es dann mit Onee-san³?«

Rem macht ein verdutztes Gesicht. »Verzeihung?«

»Es wird einfacher zusammenzuarbeiten, wenn wir uns gut verstehen.«

Rems Blick zuckt an ihm hinunter und er hat wahrscheinlich recht. Sie sollen es so aussehen lassen, als hätte Rem die unzähligen Lippenstiftabdrücke auf ihm hinterlassen und Förmlichkeiten könnten die Sache unangenehm machen. Und er ist derjenige mit der Berufserfahrung. »Ich verstehe.«

»Sehr gut! Dann lass uns auch informell miteinander sprechen, okay? Auf eine gute Zusammenarbeit, Onee-san!«

Rem starrt ihn nur stumm an, unsicher wie sie darauf reagieren soll.

»Yuji, der Fotograf möchte etwas von dir!«, ruft eine Stimme, bevor Rem etwas einfallen kann. Es ist die Praktikantin von zuvor und sie spricht ebenfalls informell. Vielleicht kennen sie sich, aber nach ihrem Gespräch gerade, scheint das nicht zwangsläufig der Fall zu sein. Viele Models benutzen bei der Arbeit ausschließlich ihren Vornamen, also ist es nicht unbedingt unhöflich, ihn damit anzureden.

»Er ist sehr herzlich«, sagt Rem, während sie Yuji hinterher sieht, der zurück zum Set läuft.

»Natürlich ist er das«, sagt Mr. Blake und aus dem Augenwinkel sieht Rem, wie er sie ansieht. »Ich wäre das auch, wenn unsere Plätze vertauscht wären.«

Rem richtet ihren Blick auf ihn und hebt die Brauen. »Soll das ein Kompliment sein?«

»Sehr scharfsinnig.«

»Wenn Sie herzlich sein wollen, tun Sie sich keinen Zwang an. Ich würde gern sehen, wie Ihr Gesicht aussieht, wenn Sie nicht streng gucken.«

»Sie finden, dass ich streng gucke?«, fragt er, als wäre das eine Überraschung.

»Darf ich ehrlich sein?«

»Bitte.«

Rem zuckt mit den Schultern. »Es fühlt sich so an, als wären Sie ein Lehrer, der auf einen Schüler herabschaut und nach einem Fehler sucht.«

»Wirklich?« Mr. Blake reibt sich das Kinn, aber ein Lächeln umspielt seine Lippen. »Da das nicht meine Absicht ist, einigen wir uns darauf, dass meine Gesichtszüge und Ihr Blickwinkel Schuld sind.«

»Mein Blickwinkel?«, wiederholt Rem und fragt sich, ob sie empört sein soll.

Aber Mr. Blake schmunzelt und, vielleicht um seine Worte zu unterstreichen, beugt sich etwas zu ihr herunter. »Wenn Sie das ändern wollen, müssen Sie wachsen.«

Rem öffnet den Mund, überlegt es sich dann jedoch anders und verschränkt die Arme vor der Brust. »Kann es sein, dass meine Bemerkung Sie getroffen hat und Sie mir beweisen wollen, dass sie auch scherzen können.«

Mr. Blake lacht leise und richtet sich wieder auf. »Das kann sein. Aber jetzt sollten Sie zum Set gehen. Es fängt an.«

Rem wirft dem Set einen Blick zu und sieht, wie Yuji ihr zuwinkt. »Na dann«, murmelt sie und geht auf ihn zu. Bisher hat sie jegliche Gedanken über ihren Auftritt als Model erfolgreich verdrängt, aber jetzt wird sie etwas unruhig.

Das aufgebaute Set ist ein Wohnzimmer, das in Unordnung gebracht wurde. Mit schiefen Bildern an den Wänden im Hintergrund, ein paar Sesseln, von denen einer umgestürzt ist, und einem Couchtisch, auf den Rem Yuji drücken soll.

»Nervös?«, fragt Yuji, als Rem neben ihn tritt und den Tisch skeptisch in Augenschein nimmt. Er klingt kein bisschen beunruhigt.

»Ich dachte nur, der Tisch sieht nicht sehr bequem aus.«

Yuji lacht. »Stimmt, aber zum Glück müssen wir nicht die Arme über den Kopf halten oder etwas tragen. Das kann sehr anstrengend werden.« Er setzt sich auf den Tisch. »Am besten, wir versuchen, es uns so bequem wie möglich zu machen.« Mit diesen Worten lehnt er sich nach hinten, sodass er mit dem Rücken auf der Tischplatte liegt.

Rem zögert einen Moment und wirft Mr. Blake einen Blick zu, der mit verschränkten Armen neben Mr. Okawa steht. Er trägt wieder einen strengen, geschäftsmäßigen Ausdruck und Rem richtet ihren Blick wieder auf Yuji. »Entschuldigung«, sagt sie, bevor sie ebenfalls auf den Tisch klettert, die Knie links und rechts von seiner Hüfte und eine Hand neben seinem Kopf aufgestützt, während sie sich mit der anderen Hand die Haare zurück streicht, damit sie Yuji nicht ins Gesicht fallen.

Er grinst unbekümmert zu ihr auf. »Du musst dich nicht entschuldigen, Onee-san.«

Rem mustert ihn kritisch. »Willst du mich wirklich so nennen?« Es ist eigenartig, informell mit jemandem zu sprechen, den sie erst vor ein paar Minuten kennengelernt hat, aber da es sein Rat gewesen ist, um das Shooting angenehmer zu machen, wäre es unhöflich, ihn zu ignorieren. Außerdem ist er jünger als sie.

»Solange es dir nichts ausmacht«, erwidert er, immer noch unschuldig grinsend. Es macht es ihr schwer, ihn abzuweisen, zumal es eigenartig wäre auf geschäftliche Distanz zu bestehen, während sie praktisch auf ihm sitzt.

»Ms. Aozora, streichen Sie sich die Haare zurück, so wie sie es vorhin getan haben, damit man Ihr Gesicht sieht. Genauso. Und bitte sehen Sie Mr. Sawada an, als wäre er Ihnen völlig ausgeliefert.« Mr. Blake ruft ihr knappe Anweisungen zu, während es um sie herum blitzt und lärmt, da nicht nur Mr. Blake Anweisungen gibt und Mitarbeiter herumwuseln, um das Licht anzupassen oder um Yujis oder Rems Kleider zurecht zu zupfen.

»Mr. Sawada, Sie sind völlig gefangen von Ms. Aozora. Versuchen Sie, es aussehen zu lassen, als wären Sie völlig paralysiert.«

Rem beobachtet, wie Yujis Augen sich daraufhin weiten und er mit einem leicht glasigen Blick und geröteten Wangen zu ihr aufsieht. Es ist so überzeugend, dass sie beinah sofort auf Abstand gegangen wäre.

»Nicht so zurückhaltend, Ms. Aozora. Denken Sie daran, dass Sie ihn genau da haben, wo Sie ihn haben wollen«, ertönt prompt Mr. Blakes Stimme. Und so vergeht mehr als eine Stunde, bis es endlich eine Pause gibt. Zu diesem Zeitpunkt fühlt sich Rems ganzer Körper verkrampft an, von der langen Zeit in einer Position. Außerdem schmerzen ihre Knie und das Handgelenk der Hand, auf die sie sich aufgestützt hat. Und es scheint nicht so, als wäre Mr. Blake zufrieden.

Es war zu erwarten, aber Rem ist trotzdem verstimmt darüber, dass sie der Grund für seine Unzufriedenheit ist. Sie hat selbst gespürt, wie steif und angespannt ihr Gesicht war. Mr. Blake hat ihr gezeigt, welchen Ausdruck er sehen will, aber ein Bild von sich zu sehen und den Ausdruck darauf nachzuahmen sind zwei verschiedene Dinge. Sie versucht, sich an das Gefühl zu erinnern, das sie damals hatte. Mr. Blake ist zu diesem Zeitpunkt noch unkooperativ gewesen und sie erinnert sich an die Befriedigung, ihn überrascht zu haben. Aber das zu wissen, hilft ihr nicht weiter.

»Onee-san!« Yuji winkt sie zu sich, nachdem Ms. Nishioka ihr Make-up aufgefrischt hat.

Rem presst die Lippen aufeinander. Sie weiß immer noch nicht, was sie davon halten soll, so von ihm angesprochen zu werden. Vor allem, weil sie nicht weiß, ob er versucht, mit ihr zu flirten oder ob er einfach kindisch ist.

Sie geht auf ihn zu. »Was gibt es, Yuji?«, fragt sie mit einem Lächeln, in der Hoffnung dabei genauso gelassen zu wirken wie er.

»Genießt du die Pause?«

»Ja«, antwortet Rem knapp und sieht ihn weiter abwartend an.

Yujis Lächeln verrutscht etwas und er reibt sich den Nacken. »Ähm, du sahst ein bisschen bedrückt aus vorhin und ich dachte, vielleicht brauchst du einen Rat.«

Sie blinzelt überrascht und er hebt hastig die Hände. »Nicht, dass du irgendetwas falsch machst, ich dachte nur, dass du unzufrieden aussahst und weil du gesagt hast, das es dein erstes Mal ist…«

Rem lächelt, diesmal ohne Mühe. »Ja, ich wäre dankbar für einen Rat.«

Yuji senkt erleichtert die Hände. »Hast du einen Freund?«

Rems Lächeln gefriert. »Was?«

Erneut reißt Yuji die Hände hoch. »Ah, so hab ich es nicht gemeint. Ich meine, wenn du einen Freund hast, versuch dir vorzustellen, ich wäre er«, erklärt er eilig. »Es ist einfacher, die richtige Emotion hinzubekommen, wenn sie echt ist. Oder es ist angenehmer, in die Stimmung zu kommen, wenn man dabei nicht an einen Fremden denkt. So mach ich es immer.«

Rem legt sich nachdenklich eine Hand ans Kinn. Sie hat die ganze Zeit versucht, den Ausdruck von dem Foto zu imitieren, dass sie gar nicht daran gedacht hat, dass das der falsche Ansatz ist. Das Foto ist nur eine Orientierung und anstatt zu versuchen, ihren Ausdruck auf dem Foto eins zu eins zu kopieren, sollte sie sich auf die Szene konzentrieren. Sie soll eine Frau darstellen, die sich gerade mit einem Mann vergnügt und dabei die Oberhand hat, und Yuji hat recht. Es ist sehr viel einfacher, sich das vorzustellen, wenn sie dabei an Inouye denkt.

Sie richtet ihren Blick auf Yuji und betrachtet ihn eingehend. Er ist kleiner und schmaler als Inouye, und eher süß als sexy. Er passt so gut in die Rolle, die er porträtieren soll, dass Rem sich sicher ist, dass er eine reifere Ausstrahlung hätte, würde das von ihm verlangt. Und in dieser Hinsicht ähnelt er Inouye.

»Ist dir etwas eingefallen?«, fragt Yuji neugierig.

»Ja. Das ist ein guter Rat. Danke.« Sie lächelt und Yuji erwidert es mit einem eigenen strahlenden Lächeln. »Cool! Denk einfach weiter an deinen Freund, wenn das Shooting weitergeht.«

Rem erstarrt.

»Onee-san?«

»Ich habe nicht an meinen Freund gedacht.«

Yuji blinzelt verdutzt. »Nicht?«

Rem schüttelt den Kopf. »Wir sollten uns die Fotos ansehen. Das hilft, unsere eigene Performance einzuschätzen.« Während sie spricht, geht sie hastig an Yuji vorbei.

Mr. Blake steht neben Mr. Okawa vor dem Computer, auf dessen Bildschirm die Fotos von Yuji und Rem angezeigt werden. Mr. Okawa springt zwischen zwei Bildern hin und her, die offenbar in die engere Auswahl gekommen sind. »...der Winkel ist besser, aber wir müssten die Belichtung anpassen«, sagt Mr. Okawa.

»Hm, nein.« Mr. Blake, der mit verschränkten Armen nachdenklich auf den Bildschirm starrt, schüttelt den Kopf. »Es sind nicht nur Feinheiten. Ich bin mit der Gesamtheit nicht zufrieden.«

Rem tritt neben ihn und betrachtet ebenfalls das abgebildete Foto. Mr. Okawa hat recht mit der Belichtung, denn Rems Gesicht ist recht dunkel. Allerdings ist das in diesem Fall von Vorteil, weil es den Fokus von ihrem Gesicht nimmt. Jedenfalls wenn man das Bild als solches betrachtet und außer Acht lässt, dass es eine Werbung für Lippenstift sein soll.

»Das Problem ist, dass es nicht so aussieht, als hätte ich die Lippenstiftabdrücke auf Yuji hinterlassen«, sagt Rem, woraufhin beide Männer sie ansehen.

»Ja«, sagt Mr. Blake, als hätte er dem nichts hinzuzufügen. Dabei muss einiges getan werden, um das zu ändern.

»Es sieht zu gestellt aus. Besonders im Zusammenspiel mit dem unordentlichen Hintergrund. Ich würde sagen, wir lassen es entweder spontaner aussehen oder ändern das Gesamtkonzept ein wenig.«

Mr. Blake runzelt die Stirn. »Was würden Sie ändern?«

Rem deutet auf den Bildschirm. »Sie stellen sich eine Momentaufnahme vor, richtig? Als hätte ich Yuji gerade auf den Tisch gestoßen und würde stürmisch über ihn herfallen.«

Mr. Blake schmunzelt. »So etwas in der Art.«

»Wieso versuchen wir nicht etwas Ruhigeres. Anstatt stürmischem Herfallen, wie wäre es mit gelassener Überlegenheit. Ist Mut und Selbstbewusstsein nicht sowieso das Konzept, dem Sie folgen wollen? Mehr als stürmischer Leidenschaft.«

Er macht eine auffordernde Geste zum Set. »Zeigen Sie es mir.«

Ein zufriedenes Lächeln umspielt Rems Lippen. Es fühlt sich so viel besser an, ihren richtigen Job zu machen.

»Woah! Onee-san hört sich wie ein Profi an!« Yuji, der Rem gefolgt ist, sieht sie mit einem beeindruckten Funkeln in den Augen an.

»Das liegt daran, dass sie einer ist«, sagt Mr. Blake. »Ms. Aozora ist Werbeagentin.«

Yuji sieht Rem mit großen Augen an. »Wirklich?«

»Ja und wenn du gute Arbeit machst, lass ich mir vielleicht die Nummer von deinem Agenten geben.«

Feuer flammt in Yujis Augen auf und er reißt die Fäuste hoch. »Ich geb mein bestes, Onee-san!«

Rem nickt zufrieden. »Das wollte ich hören.«

Während es am Set wieder geschäftig wird, kehren Yuji und Rem zum Couchtisch zurück. »Ich werde dich ein bisschen mehr berühren als vorher. Ist das in Ordnung?«, fragt Rem, während Yuji sich setzt.

Er nickt.

»Gut, dann legt dich hin. Ich werde mich diesmal auf dich setzen, okay?«

Yuji kichert. »Du musst nicht jedes Mal fragen.«

»Doch, muss ich. Ich will nichts tun, dass dir unangenehm ist und weil es während der Arbeit ist, ist es besonders wichtig, professionell zu bleiben.« Vor allem ist es Rem für sich selbst wichtig, die Situation so professionell wie möglich zu behandeln. Sie würde sich sonst wie eine Kriminelle fühlen.

»Onee-san ist eine sehr aufrichtige Person, oder?« Yuji grinst fröhlich, während Rem zu ihm auf den Tisch klettert. »Du bist eigentlich ganz anders, als die Art von Frau, die du darstellen sollst.«

Rem verzieht das Gesicht. »Das spielt keine Rolle. Jetzt konzentrier dich und sag, wenn dir etwas unangenehm ist.«

»Yes, ma’am!«

Rem starrt auf ihn hinab, während sie sich auf seinen Schoß setzt. Vielleicht liegt es daran, dass sie danach sucht, aber sie findet immer mehr Ähnlichkeiten zu Inouye. Und während sie ihn ansieht, fallen ihr von Neuem Unstimmigkeiten zu der Situation auf, die sie darstellen sollen. Zum einen sind die Lippenstiftabdrücke zu perfekt, als dass sie tatsächlich von echten Küssen stammen könnten. Zum anderen, und das ist noch wichtiger, trägt Yuji zwar auch etwas Lippenstift, aber der dient nur dem Zweck, seine Lippen nicht so blass aussehen zu lassen. Es ist eine völlig andere, unauffälligere Farbe als Rems und es bringt sie auf den Gedanken, dass auch ihr Make-up zu perfekt sitzt.

»Entschuldige mich für einen Moment«, murmelt Rem, während sie die Hand nach seinem Hals ausstreckt.

Yuji lehnt den Kopf etwas zur Seite, sodass sie besser an die rote Schminke an seinem Hals herankommt und Rem verschmiert sie mit ihrem Daumen. Sie fühlt sich ein wenig schuldig, weil sie Ms. Nishiokas Arbeit ruiniert, aber die übrigen Male lässt sie in Ruhe.

Rem verreibt die Farbe zwischen den Fingern. Es ist tatsächlich echter Lippenstift, weshalb das verwischte Mal sehr überzeugend aussieht. »Ist die Belichtung richtig eingestellt?«, fragt Rem mit lauter Stimme an Mr. Okawa gewandt.

Es klingt und blitzt ein paar Mal. »Sieht gut aus!«, sagt Mr. Okawa dann.

Rem nickt und richtet ihren Blick wieder auf Yuji. Sie kann sich nicht vorstellen, dass er Inouye ist. Schon allein wegen Yujis Rat, an ihren Freund zu denken, geht das nicht. Aber sie kann sich nur zu gut vorstellen, was er dazu sagen würde. Genau das, was Yuji gesagt hat, darüber, dass sie zu aufrichtig für diese Arbeit ist. Dass sie solche Dinge zu persönlich nimmt, um sie vor einer Kamera zu tun. Als ob sie nicht in der Lage wäre, eine Situation, die rein geschäftlich ist und nichts Persönliches an sich hat, professionell zu behandeln. Und Yuji denkt das vermutlich auch.

Rem hält den Blick auf Yujis himmelblaue Augen gerichtet, während sie sich mit dem Daumen über die Lippen wischt. Sie beobachtet, wie sich seine Augen vor Überraschung weiten, als sie den Finger ein Stück weit über ihre Wange zieht. Sein Blick folgt dieser Geste, wie Rem zufrieden feststellt. »Ich werde deine Lippen berühren«, informiert sie ihn, bevor sie die Hand nach seinem Gesicht ausstreckt.

Yuji blinzelt und errötet sogar ein bisschen, als sie ihren Daumen auf seine Lippen drückt und auch dort Farbe verteilt.

»Bist du kitzlig?«, fragt sie, noch bevor sie ihren Daumen wieder zurückgenommen hat.

»Mh«, macht Yuji. »Ein bisschen.«

Rem zieht ihre Hand zurück. »Gut«, sagt sie mit leiser Stimme und während Yuji noch auf sie und ihre rechte Hand konzentriert ist, schiebt sie mit der linken sein Hemd zurück und kneift ihm leicht in die Seite.

»Iiik!« Yuji gibt ein niedliches Quieken von sich und stützt sich auf die Ellbogen.

»Tut mir leid, aber diesmal konnte ich dich nicht warnen«, sagt sie, während sie sich bemüht, ihn nicht entschuldigend anzulächeln. Stattdessen lässt sie ihre linke Hand an ihm hinaufwandern und packt den Kragen seines Hemds.

»Sehr gut! Das ist viel besser!«, hört sie Mr. Blakes Stimme. »Aber Ms. Aozora, versuchen Sie Mr. Sawada mit etwas mehr Leidenschaft anzusehen.«

Rem seufzt missmutig. Das ist genau der Grund, aus dem sie diesen Job nicht annehmen wollte. Es ist nicht leicht, einen völlig fremden Mann mit Leidenschaft anzusehen, vor allem wenn man dabei beobachtet und fotografiert wird.

»Unzufrieden zu sein ist sein Job«, flüstert Yuji ihr in diesem Moment zu. »Lass dich davon nicht unterkriegen, Onee-san. Du bist unglaublich sexy.«

Rem blinzelt überrascht. Normalerweise hört sie so etwas äußerst ungern bei der Arbeit und noch dazu von einem Kollegen. Aber in diesem Fall fühlt es sich wie ein echtes Kompliment und eine Motivation an.

Yuji streicht mit den Fingern über ihren Unterarm, mit dessen Hand sie immer noch seinen Kragen gepackt hält. Es ist eine federleichte Berührung und Rem erlaubt, dass er ihre Hand in seine nimmt. Er sieht mit geröteten Wangen und glitzernden Augen zu ihr auf, während er einen leichten Kuss auf ihre Hand setzt.

Rem beobachtet ihn eingehend. Er ist wirklich gut, denkt sie, und in dem Ehrgeiz ihm nicht nachzustehen, versucht sie, so viel Hitze wie möglich in ihren Blick zu legen.


 

Rem wusste, dass der Job eines Models anstrengend ist, aber nach ihrem ersten Tag ist sie erschöpfter, als nach einer ganzen Woche im Büro. Es führt ihr vor Augen, wie ambitioniert es war zu glauben, es würde reichen, nur einen halben Tag freizunehmen. Wegen ihres Urlaubs hat sie auch im August hinter Inouye gelegen und so wie es aussieht, wird es im September nicht anders sein. Auch wenn der Gedanke von Inouye in der Monatsendauswertung geschlagen zu werden, nicht mehr so frustrierend ist, wie es einmal war. Außerdem wird sie dank Mr. Blakes Großzügigkeit mehr als ihr doppeltes Gehalt für diesen Monat bekommen.

Sie hat Hansawa von ihrem Deal mit Mr. Blake erzählt und er war überraschend entgegenkommend, was ihre Pausen von der Arbeit angeht, um als Model zu arbeiten. Auch wenn es nicht völlig zusammenhanglos ist, da die Werbekampagne für den Lippenstift von Noué geleitet wird. Sie macht sich deswegen jedoch wenig Sorgen. Nicht viele aus der Produktionsabteilung kennen ihr Gesicht und selbst wenn, sieht sie auf den Werbebildern so anders aus, dass sie bezweifelt, erkannt zu werden.

Mori und Yamato musste sie aber davon erzählen, da die beiden ihren Ausfall im Büro kompensieren müssen.

»Erinnerst du dich noch an die Zeit, als ich mich beschwert habe, weil ich keinen Freund habe?«, jammert Mori, als Rem in einer Pause mit ihr zum Getränkeautomaten geht. Sie haben schon vor einer Weile aufgegeben, in die Küche zu gehen und sich Kaffee zu machen, weil es zu lange dauert.

»Es fühlt sich an, als müsste ich die Arbeit von drei machen und das ist deine Schuld!«

»Tut mir leid«, sagt Rem und sie fühlt sich wirklich schuldig, da sie Mori und Yamato schon während ihrem Urlaub im August ihre Arbeit aufgebürdet hat. »Aber es wird nicht mehr lange dauern. Wenn alles gut geht, ist im Oktober alles fertig.«

Mori macht immer noch ein leidendes Gesicht. »Im Oktober willst du doch umziehen.«

Rem nickt. Natürlich würde sie gleich das erste Wochenende im Oktober nutzen, um in ihre neue Wohnung zu ziehen.

»Wie schaffst du das? Ich hätte gar nicht die Energie so viel auf einmal zu machen wie du.«

Rem zuckt nur mit den Schultern. Schließlich würde sie sich auch gerne mehr Zeit lassen und das ist sogar verlockend, denn Kosuke hat sich an sein Wort gehalten und nicht wieder versucht, mit ihr zu reden.

»Trotzdem! Ich würde echt gern mehr über dich als Model wissen. Hast du Bilder?«, fragt Mori und die Neugier in ihren Augen vertreibt etwas von der Müdigkeit.

Aber Rem schüttelt den Kopf. »Ich weiß auch nicht, wann und wo Syrene die Kampagne veröffentlicht.«

»Hm.« Mori zieht enttäuscht einen Flunsch. »Was ist mit deinem Co-Star? Von dem gibts doch bestimmt Bilder und du hast gesagt, er sieht gut aus.«

Rem zögert. Sie hat Yujis Namen fürs Erste zurückgehalten und Mori hat nicht darauf gedrängt, ihn zu erfahren, obwohl sie einfach in den Unterlagen nachsehen kann. »Wie wärs, wenn wir am Wochenende darüber reden. Ich wollte dich und Ami sowieso etwas fragen.«

Mori blinzelt überrascht. »Hm? Sag bloß, du wurdest von einem Model belästigt.«

Rem schüttelt den Kopf und tritt einen Schritt näher an die Wand heran, als zwei Männer aus dem Treppenhaus in den Flur kommen. »Nein, das ist es nicht. Aber ich wollte euch fragen, ob ihr damit einverstanden wärt, wenn wir Ms. Kondo zu unseren Treffen einladen.«

»Oh, du meinst wegen dieser Sache«, murmelt Mori, abgelenkt von den Männern, die sie und Rem ansehen, als wollten sie ebenfalls zu dem Getränkeautomaten.

»Ja«, sagt Rem und richtet ihren Blick von den Männern, die nun doch an ihnen vorbeigehen, wieder auf Mori.

»Ich hab nichts dagegen, aber müssten wir dann nicht auch Ms. Sasaki einladen?«

»Nein«, sagt Rem sofort und Mori blinzelt verdutzt.

»Das ist sie doch. Das sogenannte Ass der Verkaufsabteilung«, hört sie dann eine geflüsterte Stimme hinter sich und sie fährt herum.

Die Männer, die eben an ihnen vorbeigegangen sind, werfen immer wieder Blicke über ihre Schultern, um zu ihnen zu sehen. Dabei scheint es sie nicht zu stören, dass Rem bemerkt, dass sie offenbar über sie reden. Einer der beiden grinst sie sogar an.

Rem runzelt die Stirn.

»Was war das denn?«, fragt Mori, die den Männern, die hinter der nächsten Ecke verschwinden, ebenfalls hinterher sieht.

Rem seufzt und richtet ihren Blick wieder auf Mori. »Wahrscheinlich gar nichts«, sagt sie, denn es ist nicht das erste Mal, dass sie Leute von der Arbeit, mit denen sie persönlich nichts zu tun hat, über sich reden hört. Dennoch, vielleicht weil die Sache mit dem Betrug noch nicht so lange her ist, das Ereignis hinterlässt ein ungutes Gefühl in ihrem Bauch.

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1 Shoujo: Mangas, die Mädchen als Zielgruppe haben.
2 Senpai: bedeutet grob ‚Senior‘ und bezeichnet jemanden, der länger in einem bestimmten Bereich zB. einem Job oder Unternehmen tätig ist als man selbst.
3 Onee-san: bedeutet ‚große Schwester‘, setzt aber keine Verwandtschaft voraus.

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