»Zusammengefasst: Irgendein Mistkerl von der IT hat versucht, dich für einen Betrug den Kopf hinhalten zu lassen und Mr. Blake hat dir das gestern gesagt. Deshalb hat er dich gefahren.« Es ist Freitagabend und Kohei sitzt mit Rem in einem Videoraum, offiziell um ihr Meeting von gestern nachzuholen.
»Ja.« Rems Antwort ist knapp und teilnahmslos und es kostet Kohei alle Mühe einen gelassenen Ausdruck auf dem Gesicht zu behalten. Während Rem davon erfahren hat, dass ihr jemand auf hinterhältigste Weise schaden will und deswegen sicher schon genug Sorgen hatte, hat er sich aufgeführt wie der letzte Idiot, nur weil sie mit Mr. Blake in seinem Auto saß. Und dabei hat er sich vorgenommen, kein Idiot zu sein. Es erklärt auch, weshalb Rem in den letzten beiden Wochen so abgelenkt war. »Und was hast du jetzt vor? Hast du es den Kunden schon gesagt?«
Sie schüttelt den Kopf. »Ich habe nicht erwartet, dass Mr. Furusawa so unkooperativ ist, nachdem es keinen Ausweg mehr für ihn gab. Das macht es schwieriger, die Sache herunterzuspielen, wenn er vor Gericht kommt. Außerdem brauche ich etwas wirklich Überzeugendes, um die Kunden ihre Zweifel in Noué und mich vergessen zu lassen.«
Kohei sagt nichts. Es ist nicht Rems Schuld, dass ein Kollege beschlossen hat, ihr in den Rücken zu fallen, aber aus der Sicht des Kunden, ist Noué nun mal dafür verantwortlich. Der Gedanke, dass Rem, die so viel in ihre Arbeit investiert, ihre Vertrauenswürdigkeit verliert, nur weil irgendein Drecksack ein Problem mit ihr hat. Und das, obwohl er derjenige war, der einen Fehler gemacht hat.
Rem hat ihm erzählt, dass sie einen Verdacht hatte, dass der IT-Mitarbeiter, mit dem sie vor einigen Wochen am Telefon wegen ihres E-Mail-Accounts gestritten hat, dafür verantwortlich ist, und er weiß nicht, was daran beeindruckender ist. Rems schnelle Deduktion, dass er dahintersteckt oder die Tatsache, dass sie jemand als Opfer herausgesucht hat, nur weil er einmal Überstunden machen musste.
»Fällt dir etwas dazu ein?«
Kohei blinzelt und sieht Rem verdutzt an. »Du fragst mich um Hilfe?«
Sie legt die Stirn in Falten, als würde ihr seine Frage missfallen, aber da ist auch ein Hauch von Röte auf ihren Wangen. »Wieso klingst du so überrascht? Du bist sehr viel besser darin, das Vertrauen von anderen zu gewinnen.«
Kohei hebt eine Hand vor den Mund und räuspert sich, vor allem um das breite Grinsen auf seinem Gesicht zu verbergen, dass sich nicht zurückdrängen lässt. Rem macht nur sehr selten Komplimente und er möchte den Moment nicht mit einer uncoolen Reaktion versauen. »Du hast gesagt, du willst den Betrug wie eine Werbeaktion aussehen lassen, sodass das Ganze wie ein Missverständnis klingt, richtig? Mach dir keine Sorgen, um die Gerichtsverhandlung. Und was die Werbeaktion an sich angeht, wie wäre es mit einer Präsentation bei der jährlichen Weihnachtsfeier von Inouye Incorporation?«
Rems Augen weiten sich. »Oh…«
Enttäuschung steigt in Kohei auf, als ihre Reaktion nicht halb so erleichtert und fröhlich ausfällt, wie er wollte. Oder überhaupt erleichtert oder fröhlich. »Oder wolltest du sagen, dass du mir all deine Kunden überlässt?«
»Das nicht…« Sie mustert ihn zögerlich. »Aber ich wollte dich auch nicht ausnutzen.«
»Mich ausnutzen?«, wiederholt Kohei verwirrt.
»Ich meine, deine persönlichen Beziehungen.«
Kohei starrt sie wortlos an. Nicht, weil er überrascht oder verblüfft über ihre Worte ist. Es liegt einfach daran, dass es so sehr zu ihr passt, solche unnötigen Dinge zu berücksichtigen. Und er weiß, dass es ihr wirklich unangenehm wäre, wenn sie glaubt, dass er seinen Einfluss ihretwegen ausnutzt.
Rem ist ein fair Player durch und durch. Sie würde niemals seine Hilfe für etwas annehmen, dass sie ihm nicht im gleichen Maße zurückzahlen kann. Ganz besonders, wenn er seine privaten Mittel dafür benutzt, um ein Problem auf der Arbeit zu lösen.
»Du sagst das, als würde es mich nicht betreffen, wenn Noué an Glaubwürdigkeit verliert.« Er lächelt gelassen, als wäre die Angelegenheit kaum bedenklich. »Mein Großvater wird begeistert sein, dass ich ihn und seine Feier für meine Karriere ausnutze, und deine Kunden werden jeden Verdacht über Betrug vergessen, wenn wir ihnen die Möglichkeit in Aussicht stellen, auf einer exklusiven Party in Erscheinung zu treten.«
Rem legt die Stirn in Falten, während sie über seine Worte nachdenkt. Dabei spannt sie ihre Mundpartie leicht an, was ihrem Gesicht einen leicht trotzigen Ausdruck verleiht. Es ist so offensichtlich, was sie denkt, dass er grinsen muss.
Er stützt sein Kinn auf einer Hand auf, während er sie mustert. »Das ist der Moment, in dem du diese einmalige Gelegenheit dankend annehmen solltest.«
Die Falte auf Rems Stirn wird tiefer. Dann wendet sie mit einem Schnauben den Blick ab.
Kohei kichert.
»Bist du dir sicher? Wenn wir das machen, werden wir deine Kunden auch involvieren müssen und wenn du einmal anfängst, etwas als Toshiro Inouyes Enkel zu tun, werden sie dich entsprechend behandeln.«
»Oh, machst du dir Sorgen um mich?«
Rem sagt nichts und in Kohei steigt erneut der Drang zu kichern auf, weil er weiß, dass das bedeutet, dass die Antwort auf seine Frage ‚Ja‘ lautet.
»Wie lange brauchst du, um das klarzumachen?«
»Das Wochenende reicht. Ich lass es dich wissen, sobald ich mit meinem Großvater geredet habe.« Kohei lächelt zuversichtlich. Er hat keinerlei Bedenken, dass sein Großvater ihn machen lässt. Er wird ihn wahrscheinlich sogar aktiv unterstützen, aber Rem merkt von seiner Zuversicht kaum etwas. Sie schenkt ihm nur ein schwaches Lächeln, wobei sie jedoch einen abwesenden Blick in den Augen hat.
»Habe ich nicht gerade ein großes Problem für dich gelöst? Warum bist du nicht glücklich?« Er weiß selbst, wie kindisch er klingt, aber er kann nicht anders.
Rem blinzelt und schüttelt dann hastig den Kopf. »Doch, ich bin glücklich und dankbar, wirklich. Es ist nur…« Sorge verzieht ihr Gesicht. »Mr. Furusawa hatte nicht den besten Eindruck von mir, aber ich kann mich nicht daran erinnern, etwas getan zu haben, das ihn so wütend machen konnte. Dass er all das überhaupt getan hat, ist schon eigenartig genug, aber er ruiniert lieber sein Leben, als mir zu helfen. Ich verstehe das einfach nicht.«
Koheis Miene verdüstert sich und jetzt ist er froh, dass Rem ihn nicht ansieht. Sie hat recht, es ist eigenartig. Aber Kohei interessiert sich nicht sehr dafür, welche Beweggründe dieser Furusawa hatte. Er hat etwas sehr Dummes getan und Kohei wird dafür sorgen, dass er das für den Rest seines Lebens bereut. Aber das macht die Situation für Rem nicht besser. »Das klärt sich bestimmt noch auf. Fürs Erste sollten wir uns darum kümmern, dass dein Plan, den Betrug als Werbeaktion zu verkaufen, aufgeht. Was, nebenbei gesagt, genial ist.«
Rem wirft ihm einen überraschten Blick zu und als sie sein Lächeln sieht, errötet sie tatsächlich etwas. »Das stimmt nicht«, murmelt sie. »Dir wäre das auch eingefallen und du machst sogar jetzt die meiste Arbeit.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher. Und selbst wenn, ich schulde dir noch was.«
Rem runzelt die Stirn und sieht ihn fragend an. »Meinst du, wegen der Sache mit Mr. Blake?«
Koheis Lächeln verrutscht etwas, bei der Erwähnung von Mr. Blake. Er weiß, dass sein Verhalten gestern idiotisch gewesen ist, aber entschuldigen will er sich dafür nicht. »Warum sollte ich dir etwas schulden, wenn ich dir nur helfen wollte?«
Rems Miene verdüstert sich. »Wenn das wahr wäre, hättest du dir mehr Gedanken darüber gemacht, dass Mr. Blake und ich auch in Zukunft zusammenarbeiten müssen.«
»Das habe ich«, erwidert Kohei leichtfertig, was ein verärgertes Funkeln in Rems Augen treten lässt. »Sieh mich nicht so an. Wenn er mich für deinen eifersüchtigen Freund hält, lässt er dich in Ruhe.«
Rem atmet geräuschvoll aus. »Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich nicht will, dass du meinen Freund spielst. Ich kümmere mich selbst darum, wenn jemand zu aufdringlich wird.«
»Ist dein Stolz verletzt, weil ich dir geholfen habe?« Der Gedanke amüsiert ihn, aber Rems wütender Blick macht ihm deutlich, dass sie das anders sieht.
Allerdings ist ihre Stimme, als sie spricht, ruhig. »Es geht nicht um Stolz, es geht um Respekt. Stell dir vor, du wärst Mr. Blake und, unabhängig von deinen Absichten mir gegenüber, ich schicke einen anderen Mann vor, um dir zu sagen, dass du dich von mir fernhalten sollst. Was für ein Gefühl würde dir das geben?«
Ihre Antwort überrascht ihn. Er hat die Situation nie aus Mr. Blakes Sicht betrachtet und es kümmert ihn auch wenig. Trotzdem ist es nicht schwer, sich dieses Gefühl vorzustellen. Es ist oft genug passiert, dass Kohei etwas von Marika über seinen Bruder erfahren hat. Das liegt zum größten Teil daran, dass Saburo Marikas und Koheis Kontakt einschränken wollte, aber Marika hat auch nie versucht, Kohei von sich aus zu erreichen. Etwas, das Rem sofort gemacht hat, kaum dass sie und Kohei im Videoraum waren, nachdem Mr. Blake gegangen war.
»Ist es nicht auch respektlos, jemanden bei der Arbeit anzumachen?«, brummt Kohei missmutig.
»Mr. Blake war nie respektlos zu mir. Ausgenommen vielleicht die ersten Monate, aber das hatte, wie ich jetzt weiß, nichts mit mir zu tun.«
Kohei rümpft unzufrieden die Nase und verschränkt die Arme vor der Brust. Er ist nicht überzeugt davon, dass Mr. Blake kein Interesse an Rem hat, aber widersprechen kann er ihr nicht. Zumal er weiß, dass Rem auch damit umgehen kann, wenn ein Mann aufdringlich wird. Also sieht er einen Moment nur den Bildschirm seines Laptops an, der inzwischen schwarz geworden ist. »Wie auch immer, ich meinte das, was mit Marika passiert ist.«
Er spürt Rems Blick auf sich und er erwartet schon, dass sie ihm sagt, dass sie sein Privatleben nichts angeht oder etwas Ähnliches, das im Grunde eine Ablehnung seiner Entschuldigung ist. Aber dann sagt sie: »Das habe ich ganz vergessen.«
Kohei knirscht mit den Zähnen. Es sind Momente wie diese, in denen Rem es schafft, sogar seine schlechten Erwartungen zu enttäuschen, die ihn so unglaublich ungeduldig machen. Er hat die letzten zwei Wochen nur daran gedacht und wie er Rem dazu bringen kann, deswegen eifersüchtig zu sein. Und währenddessen hat sie es vergessen!
Er räuspert sich. »Trotzdem. Es war bestimmt eine unangenehme Situation für dich und ich sollte mich entschuldigen.«
»Das hast du doch«, erwidert Rem unbeeindruckt. »Außerdem war es nicht deine Schuld. Das einzige, das man dir vorwerfen könnte, ist, dass du zu leichtfertig mit deinem Schlüssel und deinem Handysperrcode umgehst.«
»Hast du das Bild überhaupt eine Sekunde ernst genommen?«, fragt Kohei matt.
Rems Miene verdüstert sich. Aber der Ausdruck verschwindet so schnell wieder, dass Kohei sich nicht sicher ist, ob es nicht nur Einbildung war. »Es war sehr kindisch und ich dachte mir, dass es wahrscheinlich keinen Grund gibt, direkt vorbeizukommen, weil ihr euch lang genug kennt. Aber ich musste etwas sagen und ich wollte es nicht während der Arbeit tun.« Rem richtet ihren Blick auf ihren Laptop.
»Klar.« Mit anderen Worten, sie ist nicht einmal seinetwegen vorbeigekommen, sondern um Unannehmlichkeiten auf der Arbeit zu vermeiden. »Du hast recht. Es war kindisch«, sagt er, um das Thema nicht fallen zu lassen. Auch wenn sie eigentlich hier sind, um ihr Meeting über ein Bauprojekt von Sakitronics zu halten, ist es spät und unwahrscheinlich, als dass sie wirklich daran arbeiten würden. »Mir ist das nie so richtig aufgefallen, wahrscheinlich weil Marika jünger ist und ich es von ihr erwartet habe. Außerdem fand ich ihr Verhalten meistens süß.«
»Wie schön für dich«, sagt Rem, ohne ihn anzusehen, während sie weiter an ihrem Laptop tippt, aber ihre Stimme klingt abweisend.
»Aber ich habe ihr meinen Schlüssel weggenommen und ihr klargemacht, dass sie diesmal zu weit gegangen ist«, fährt Kohei fort. »Sieh es einfach als einen Streich von jemandem, der meine kleine Schwester sein könnte.«
Rem hält inne und sieht ihn an. »Deine Schwester?«, wiederholt sie und es schwingt ein bisschen Ärger in ihrer Stimme mit. »Sie wollte mir weismachen, dass ihr miteinander geschlafen habt und du nennst sie deine Schwester?«
Kohei mustert Rems Gesicht eingehend. »Seit Marika nach Japan gekommen ist, habe ich ihr nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie sie wollte. Und als sie das von uns erfahren hat, dachte sie, du wärst der Grund dafür.«
Sie macht ein Gesicht, als würde sie das nicht überzeugen.
Kohei lacht. »Sie war schon immer so und ihre Streiche sind meistens harmlos. Ihr Vater verzieht sie ein bisschen, aber in ein paar Jahren legt sich das bestimmt.«
»Du sagst das, als wäre Ms. Sasaki ein Kind.«
Kohei zuckt mit den Schultern. »Vielleicht ist sie das für mich auch. Sie hat sich nicht sehr verändert, seit wir uns kennen. Da war sie dreizehn.«
»Und wie alt warst du?«
»Wie alt?«, wiederholt Kohei etwas überrascht. »Fünfzehn. Wieso?«
»Das heißt, Ms. Sasaki ist zwei Jahre jünger als du?«
Er runzelt die Stirn. »Ja, und?«
Rem verschränkt die Arme vor der Brust. »Das macht sie ein Jahr älter als mich.«
Kohei blinzelt und sieht Rem verdutzt an. Es dauert eine ganze Weile, bis ihm klar wird, dass sie recht hat. Marika ist älter als Rem!
»Wieso siehst du mich so an, als würdest du mir nicht glauben?«, fragt Rem schließlich, immer noch mit den Armen vor der Brust verschränkt.
»Weil es mir wirklich schwerfällt, es zu glauben?« Es klingt wie eine Frage, weil er weiß, wie dumm es sich anhört. Und genauso sieht Rem ihn an.
Kohei schnaubt belustigt. »Es fällt mir manchmal auch schwer zu glauben, dass ich älter bin als du«, sagt er, während er die Arme zu beiden Seiten ausstreckt und mit den Schultern zuckt. »Oder vielleicht fällt es mir einfach schwer zu glauben, dass du so jung bist.«
Rem seufzt und sieht wieder zu ihrem Laptop. »Jetzt lässt du es klingen, als wäre ich ein Kind. Es sind nur drei Jahre«, murmelt sie und es klingt fast ein bisschen beleidigt. Und sie fängt nicht wieder an zu tippen. »Außerdem denke ich, dass du Ms. Sasaki ernster nehmen solltest. Sie ist kein Kind.«
Kohei sieht sie überrascht an. Zuerst denkt er, sie bezieht sich wieder auf den vorletzten Sonntag, aber dann richtet sie ihren Blick auf ihn. Die Art, wie sie ihn ansieht, ist, als wollte sie seine Reaktion überprüfen und das heißt, es geht hier nicht um ihn. »Du magst sie nicht«, stellt Kohei fest. »Und du mochtest sie schon nicht, bevor das alles passiert ist.«
Rem antwortet nicht sofort, aber es ist offensichtlich, dass er recht hat.
Er vermutet, dass sie zögert, weil Marika und er sich nahestehen. »Das ist ungewöhnlich«, sagt er also in einem gelassenen Tonfall. »Marika wird von den meisten gemocht.« Wenn es sich nicht gerade um eine Person handelt, die sie loswerden wollte, so wie Rem. Aber Marika wusste nichts von Rem und ihm, als sie angefangen hat, für Noué zu arbeiten.
»Ich glaube, Ms. Sasaki legt auch großen Wert darauf, von anderen gemocht zu werden. Zum größten Teil jedenfalls«, antwortet Rem bedächtig.
»Wie meinst du das?« Kohei legt die Stirn in Falten, während er sich unwillkürlich etwas über den Tisch lehnt.
»Ich meine, dass Ms. Sasaki eine Person ist, die nie direkt sagt, was sie will, gleichzeitig aber erwartet, dass sich jeder nach ihrem Willen richtet. So wie jemand, der dir ein Kompliment macht, um selbst eins von dir zu bekommen.« Rem seufzt und schüttelt den Kopf. »Aber das ist nur meine Einschätzung und ich kenne Ms. Sasaki nicht so gut wie du.«
Kohei denkt darüber nach. Er kann nicht abstreiten, dass Marika solche Charakterzüge besitzt. Das ist der Grund, aus dem er so lange gebraucht hat, um zu verstehen, was Marika von ihm will. Eigentlich versteht er es bis heute nicht. Aber er weiß, dass sie ihn ständig testet. Er hat ein Gefühl dafür bekommen, wann sie was von ihm will, ein Gefühl, dass ihn für die Stimmung und versteckten Absichten einer anderen Person sensibilisiert hat und ohne das er wohl kaum so erfolgreich in seinem Job wäre. Dadurch hat er erst erfahren, was für ein Dummkopf er in seiner Jugend war.
Er richtet seine Aufmerksamkeit auf Rem. Für sie scheint dieser Charakterzug von Marika eine negative Eigenschaft zu sein und bei ihrer Persönlichkeit, die das völlige Gegenteil von Marikas ist, ergibt das Sinn. Auch wenn ihre Affäre nicht vergleichbar zu der Beziehung ist, die er mit Marika haben wollte, Rem hat ihn nie auf irgendeine Weise getestet. Und obwohl nichts Ernstes zwischen ihnen sein sollte, hat sie ihn immer ernst genommen. Selbst ihren dämlichen Ex und Mr. Blake behandelt sie auf diese Weise.
»Kann ich dich etwas Persönliches fragen? Über dich und deinen Ex?«
Rems Augen weiten sich. Er sieht Widerwillen über ihr Gesicht huschen und sie senkt den Blick. »Was willst du wissen?«
»Ihr wart zusammen in der Schule, oder? Wie seid ihr zusammengekommen?«
»Du willst wissen, wie wir ein Paar wurden?«, fragt sie, immer noch ohne ihn anzusehen.
»Hat er dich gefragt oder du ihn?«
»Oh«, macht Rem und hebt eine Hand an ihren Mund, während ihre Wangen rosa werden. »Er hat mich gefragt.«
»Wie hast du reagiert?«
»Wie ich…?!« Rem stockt und ihr Blick huscht zu ihm. »Wieso willst du das wissen?«
Kohei betrachtet ihre roten Wangen und ihren unsteten Blick und er weiß, dass es an dieser Stelle höflich wäre, sie nicht weiter zu bedrängen. Aber ihre Reaktion erfüllt ihn mit einer merkwürdigen Mischung aus Verärgerung und Erregung, und er muss ihre Antwort hören. »Ich will etwas überprüfen«, sagt er also und sieht Rem weiter unverwandt an.
Sie schluckt. Ihr Blick huscht wieder zur Seite und sie kratzt sich mit ihrem Zeigefinger am Kinn. »Ich war damals noch sehr unerfahren und es war das erste Mal, dass…« Sie hält inne und setzt neu an, während sich das Rot auf ihren Wangen vertieft. »Ich habe es zuerst nicht begriffen. Kosuke und ich waren damals Freunde, das dachte ich jedenfalls, und ich war sehr überrascht. Also hab ich gesagt, dass ich darüber nachdenken will.«
»Und dann?«, hakt Kohei nach, was Rem etwas zusammenzucken lässt. Es ist ungewöhnlich, sie so beschämt und schüchtern zu sehen und er hat das Gefühl, dass sie ihm etwas verschweigt.
»Kosuke hat vorgeschlagen, dass wir es für eine Weile ausprobieren und das haben wir gemacht.«
»Du hast zugestimmt, mit ihm auszugehen, obwohl du nicht wusstest, ob du es willst?«
Rems Blick richtet sich wieder auf ihn und sie macht jetzt ein leicht verwirrtes Gesicht. »Wie soll man sonst herausfinden, ob man mit jemandem zusammen sein will? Ich mochte Kosuke damals, ich wusste nur noch nicht, auf welche Weise.«
Kohei nickt langsam. »Und als er dir gestanden hat, was er für dich empfindet«, beginnt Kohei dann und diesmal senkt er den Blick, während er spricht. »Hattest du das Bedürfnis zu lachen?« Daraufhin ist es für ein paar Sekunden ruhig, aber die rauschende Stille fühlt sich für Kohei sehr viel länger an.
»Was?« Rems Stimme klingt irritiert. »Wieso sollte ich lachen?«
»Wenn du keine Gefühle für ihn gehabt hättest?«, fährt Kohei fort, bemüht darum, ihren fragenden Blick auf ihn zu ignorieren.
»Auch dann nicht. Er war ehrlich! Wie könnte ich lachen, während er mir sein Herz ausschüttet?«
Kohei sagt nichts. Es ist nicht so, dass ihn ihre Antwort überrascht. Im Grunde ist es die Antwort, die jeder vernünftige Erwachsene geben würde. Und trotzdem…
»Ich glaube, wir sollten für heute Schluss machen«, sagt Kohei plötzlich sehr erschöpft. »Es ist spät und deine Woche war bestimmt anstrengend genug.«
Rem holt Luft und öffnet den Mund, aber Kohei steht auf, bevor sie etwas sagen kann. »Ich fahr dich nach Hause.«
Für einen Moment ist es still, während Rem überrascht zu ihm aufsieht. Kohei muss sie nicht einmal ansehen, um zu wissen, dass sie das tut. Dann bewegt sie sich. »Du hast recht. Und danke, das wäre nett.«
Er wirft ihr einen Blick zu, während sie ihren Laptop zusammenklappt und ihre Sachen packt. Seit sie aufgehört haben, sich zu treffen, hat sie sich standhaft geweigert, sich von ihm fahren zu lassen. Er hätte seine Frage nicht so direkt formulieren sollen. Rem ist zu schlau, um nicht zu merken, aus welchem Grund er gefragt hat.
Sie schweigen, als sie ins Parkhaus hinabgehen und Kohei spielt unruhig mit seinen Autoschlüsseln. Normalerweise fällt ihm immer etwas ein, dass er zu Rem sagen kann, er hat sogar das Bedürfnis dazu. Aber wie kann er in diesem Moment Witze machen oder mit ihr flirten, nachdem er ihr etwas so Erbärmliches über sich verraten hat. Er kann nicht anders, als sich zu fragen, was ihr durch den Kopf geht und gleichzeitig will er es nicht wissen.
Sie erreichen sein Auto und gerade als Kohei die Schlüssel ein letztes Mal um seinen Finger wirbeln lassen will, bevor er das Auto mit der Fernsteuerung aufschließt, fallen ihm die Schlüssel aus der Hand. »Mist!«, flucht er und wirft seiner Hand einen verärgerten Blick zu. Offensichtlich legt er es heute darauf an, sich vor Rem zum Trottel zu machen.
Aber bevor er sich bücken kann, um die Schlüssel vom Boden aufzuklauben, tut Rem das für ihn. Er beobachtet verdutzt, wie sie sich vor ihm hinunterbeugt, nach den Schlüsseln greift und sich dann wieder aufrichtet. Sie steht nun vor ihm, die Hand mit dem Schlüssel auffordernd ausgestreckt. Aber er beachtet den Schlüssel kaum. Ihm geht plötzlich ein Gedanke durch den Kopf, eine Erinnerung. Marika, wie sie ihr Taschentuch fallen lässt und ihn erwartungsvoll ansieht und er, wie er sich hastig bückt und das Taschentuch mit einem Lächeln für sie aufhebt.
»Ist alles in Ordnung?« Rem mustert ihn mit ihren blauen Augen und Kohei wendet den Blick ab. »Ja, danke«, murmelt er, während er ihr den Schlüssel aus der Hand nimmt. Warum kommen ihm plötzlich all diese Gedanken zu seiner Vergangenheit mit Marika?
Rem legt die Stirn in Falten. Sie scheint nicht sehr von seiner Antwort überzeugt zu sein. Wie sollte sie?
Kohei versucht ein Lächeln. »Ich bin wohl auch ein bisschen müde.« Sein Blick huscht zum Auto. Vielleicht hätte er das nicht sagen sollen. Das ist kein Satz, den man von einer Person hören will, die einen gleich mit dem Auto nach Hause fährt. »Ich meine, nur ein bisschen. Nicht so sehr wie du…« Er bricht ab, als er wieder zu Rem sieht und feststellt, dass sie dichter vor ihm steht als vorher. Er registriert gerade noch, dass sie seine Krawatte packt, bevor sie ihn zu sich herunterzieht.
»Mh…« In seiner Überraschung gibt Kohei einen Laut von sich, als sie ihre Lippen auf seine drückt und es ist das Einzige, das ihm einfällt.
Ihre Lippen bewegen sich sanft gegen seine, bevor sie sich wieder von ihm löst.
Kohei rührt sich nicht und starrt sie verwirrt an. Soweit er sich erinnert, ist er derjenige, der ständig versucht, sie zu verführen. Wenn er sie also nicht aus Versehen verführt hat, ohne es zu bemerken, dann ist er es, der gerade verführt wird.
Aber anstatt sich zu erklären, senkt Rem ihren Blick zu ihrer Hand, die immer noch seine Krawatte hält. »Krawatten sind wirklich praktisch«, stellt sie fest, während sie probeweise daran zupft.
Kohei zieht die Brauen zusammen. Das ist keine Art, irgendjemanden zu verführen, also wieso funktioniert es?!
Der Griff um seine Krawatte lockert sich und Kohei beschließt, dass alles andere jetzt unwichtig ist. Er schlingt seine Arme um ihren Rücken und drückt seine Lippen wieder auf ihre. Da er es zuvor versäumt hat, auf den Kuss einzugehen, holt er das jetzt entschlossen nach, sodass Rem ins Hohlkreuz geht.
Aber sie schiebt ihn nicht zurück. Ihre Arme legen sich um seinen Hals und eine Hand findet den Weg in sein Haar. Es fühlt sich nicht so an, als hätten sie beschlossen, sich nicht mehr zu treffen. Gleichzeitig hat er das Gefühl, dass es Jahre her ist, seit er sie das letzte Mal im Arm gehalten hat.
Seine Hand streicht über den Reißverschluss ihres Rockes an ihrem Rücken und er öffnet die Augen, um zum Auto zu sehen. Er beginnt Rem darauf zuzuschieben, bis sie die Tür zum Rücksitz erreicht haben.
Rem löst sich von ihm, als er die Tür öffnet und wirft dem Auto einen Blick zu, als würde ihr erst jetzt auffallen, dass sie darauf zugegangen sind.
Kohei drückt sie sanft nach unten, um ihr zu bedeuten einzusteigen, bevor er ihr folgt. Er schließt die Tür hinter ihm und wendet sich wieder Rem zu.
Sie hat es noch nicht geschafft, ganz auf den Platz auf der anderen Seite zu rutschen. Was gut ist, da sie dicht bei ihm sitzt. »Vielleicht sollten wir -«, setzt sie an, aber Kohei wartet nicht ab, um herauszufinden, was sie vielleicht tun sollten. Er beginnt wieder sie zu küssen, wobei er sie auf die Sitze drückt, was gar nicht so einfach ist. »Ich brauch ein größeres Auto«, knurrt er verärgert, als er, in dem Versuch, sein Jackett auszuziehen, mit dem Kopf gegen die Decke stößt.
Rem kichert und sie kann es sich leisten. Nicht nur ist sie kleiner als er, sie liegt auch entspannt auf dem Rücken, während er irgendwie die Balance über ihr halten muss. »Komm her.« Sie streckt ihm die Arme entgegen und das Lächeln auf ihren Lippen ist so einladend, dass er seinen Ärger vergisst.
Als er sich zu ihr herunterbeugt, schlingt sie nicht nur die Arme um ihn, sondern auch ihre Beine, womit sie zumindest seinen Beinen mehr Platz macht. Eine ihrer Hände vergräbt sich erneut in seinem Haar und Kohei genießt das Gefühl ihrer Fingerspitzen, die über seine Kopfhaut streichen.
Er verlagert sein Gewicht auf seinen linken Arm und löst seine Lippen von ihren, um sich ihrem Hals zuzuwenden. Der süße Duft von Jasmin umhüllt ihn, während er ihre weiche Haut unter seinen Lippen spürt. Gleichzeitig tastet er mit seiner rechten Hand nach ihrem Bein und schiebt sie unter ihren Rock. »Innentasche«, murmelt er und Rem atmet geräuschvoll aus, als er dabei ihr Ohr streift. »Greif in meine Innentasche.«
Sie zögert, wohl weil sie überlegt, wieso er sie danach fragt, aber dann verschwindet ihre Hand aus seinen Haaren. »Gib mir ein bisschen Platz«, keucht sie, während seine Lippen wieder ihren Hals hinabwandern, und drückt gegen seine Schultern.
Kohei gibt nur ein unzufriedenes Grummeln von sich.
»Hey...« Rem dreht den Kopf etwas, sodass sie direkt in sein Ohr spricht und Kohei erschaudert. Um ein Stöhnen zu unterdrücken, beißt er ihr in den Hals.
»Ah!« Rem entkommt ein Keuchen und sie bewegt sich unter ihm, wobei sie ihre Hüfte gegen seine drückt.
Kohei unterdrückt einen Fluch und zieht seine Hand unter ihrem Rock hervor, um sich hochzustützen. Aber auf halbem Weg packt Rem seine Krawatte und hält ihn fest. »Vorsicht«, sagt sie und Kohei, der einen Ruck in seinem Nacken spürt, sieht sie verärgert an. »Das ist keine Hundeleine!«
Rem hebt die Brauen, während sie ihre freie Hand unter sein Jackett schiebt. »Ich wollte nur verhindern, dass du dir wieder den Kopf anstößt«, sagt sie, aber bei ihrem Grinsen hätte sie genauso gut ‚Doch‘ sagen können. Dann senkt sie ihren Blick auf ihre Hand, die gefunden hat, wonach sie gesucht hat. Eine Falte bildet sich zwischen ihren Brauen. »Seit wann trägst du das in deinem Anzug mit herum?«, fragt sie mit einem missbilligenden Blick auf das Kondom in ihrer Hand.
Er zupft es ihr aus den Fingern. »Sei doch froh, dass ich vorbereitet bin«, murmelt er, bevor er seine Lippen wieder auf ihre drückt. So wie er sie kennt, würde sie sonst noch mehr dazu sagen. »Knöpf deine Bluse auf«, weist er sie in einer Atempause an, da er dafür keine Hand frei hat. Er drückt sich etwas hoch, damit Rem ihre Hände, die zwischen ihnen eingeklemmt sind, benutzen kann. Und sie machen sich auch sogleich an die Arbeit.
Kohei hört auf, sie zu küssen und sieht unzufrieden auf sie hinab. »Ich hab gesagt ‚deine Bluse‘, nicht ‚mein Hemd‘.«
Sie knöpft unbekümmert weiter sein Hemd auf. »Ich habe auch meine Prioritäten.« Dann kichert sie, wahrscheinlich weil es lächerlich aussieht, wenn man ein Jackett, eine Krawatte und ein offenes Hemd trägt.
Kohei richtet sich so weit auf wie es geht, klemmt sich das Kondom zwischen die Zähne und öffnet seinen Gürtel. Derweil sieht er Rem verärgert an. Wenn es nur um die eigenen Prioritäten geht, gibt es keinen Grund für ihn, sich weiter zurückzuhalten.
Rems Augen huschen an ihm herunter. Die Röte auf ihren Wangen wird tiefer und sie beißt sich auf die Lippe. Dann beginnt sie, ihre Bluse aufzuknöpfen.
Kohei hält einen Moment inne, während er den Bewegungen ihrer Finger mit den Augen folgt. Dann packt er ihren Rock und schiebt ihn über ihre Hüfte, sodass ihr Slip zum Vorschein kommt. Ein Grinsen breitet sich auf seinen Lippen aus, als er nach dem Kondom greift, dass er immer noch mit den Zähnen hält. Wer hätte gedacht, dass der Tag ein so aufregendes Ende nimmt.
Das Gefühl von Rems Wärme reizt ihn dazu, genussvoll die Augen schließen zu wollen, aber er hält den Blick auf Rems Gesicht.
Ihre Unterlippe klemmt immer noch zwischen ihren Zähnen und sie hat die Augen geschlossen, während sie den Kopf zur Seite dreht. Ihr Atem geht schwer und sein Blick bleibt auf ihrer Brust hängen, die sich mit jedem Atemzug hebt und senkt. Durch die halb aufgeknöpfte Bluse kann er ihren blauen BH sehen, aber der größte Teil ihrer samtweichen Haut ist noch immer von Kleidung bedeckt.
Kohei packt die linke Seite ihrer Bluse mitsamt dem BH darunter und zieht beides herunter. Dann lehnt er sich über sie, wobei er seine Hüfte nach vorn drückt.
»Ah!« Rem schnappt nach Luft und krümmt den Rücken ihm entgegen, was Kohei dazu nutzt, um ihre entblößte Brust in den Mund zu nehmen. Sie ist so weich und warm, und Koheis Gedanken beginnen sich zu drehen, während alles andere um ihn herum verschwindet.
»Rem…«, murmelt Kohei gegen ihre Haut, während er sich alle Mühe gibt, seine Bewegungen ruhig zu halten, damit er Rem nicht weiter nach oben schiebt und sie mit dem Kopf gegen die Tür stößt.
»J-Ja?«, keucht Rem, die sich an ihm festklammert.
Er kann ihre Finger spüren, die sich in seine Schulter graben, allerdings nur schwach, da seine Kleidung im Weg ist. Gleichzeitig spürt er die Finger ihrer anderen Hand, wie sie über seine Kopfhaut kratzen und an seinen Haaren ziehen und ihm zeigen, wie sehr sie es genießt. »Rem!« Seine Lippen sind nun wieder bei ihrem Ohr angekommen und Rem erschaudert. Ein hoher Ton, der an ein Schluchzen erinnert, kommt ihr über die Lippen und jagt Hitze durch seinen Körper. Unter den Jasminduft mischt sich ein Anflug von Schweiß, der ihm die Sinne benebelt.
Seine Bewegungen werden unkontrolliert und gröber, während seine Gedanken von dem elektrisierenden Gefühl in seinem Innern dominiert werden. Er keucht und seine Stimme kommt ihm ungewollt über die Lippen. Ein weiteres Mal murmelt er ihren Namen und Rem packt sein Haar fester. Ihr Körper erzittert unter ihm und ein atemloser Schrei entkommt ihrer Kehle.
Kohei kneift die Augen zusammen, als er ebenfalls seinen Höhepunkt erreicht. Er bewegt die Hüften noch ein paar mal schwächlich, bevor er auf ihr zusammensinkt.
Sie ist warm und noch immer umgibt ihn ihr Geruch. Er kann ihren schweren Atem neben seinem Ohr hören und er spürt, wie ihre Hand nun kraftlos aus seinem Haar rutscht.
Er stützt sich hoch, um sie anzusehen. Das Licht im Parkhaus ist ausgegangen und in dem spärlichen Licht, das nur noch von der leuchtenden Beschilderung kommt, kann er kaum ihre Umrisse erkennen. Es ist bedauerlich, aber er entscheidet sich dagegen, das Licht im Auto einzuschalten. Stattdessen gibt er Rem Platz, sodass sie sich beide aufsetzen können.
Einen Moment hadert er mit sich, was er mit dem Kondom machen soll, bevor er es zuknotet und auf den Boden fallen lässt. Er wird es später entsorgen. Dann macht er seine Hose zu.
Währenddessen sagt Rem nichts. Sie ist dabei ihre Bluse zuzuknöpfen und da es dunkel ist, kann er nicht sagen, was für ein Gesicht sie macht. Aber die Stille ist unangenehm. Als hätten sie etwas getan, was sie nicht hätten tun sollen.
Nachdem Kohei schließlich auch sein Hemd zugeknöpft hat, räuspert er sich. »Und jetzt?«
»Du wolltest mich nach Hause fahren«, antwortet sie ohne zu zögern und mit gelassener Stimme, als wäre nichts Ungewöhnliches passiert.
Er schnaubt. »Zu dir oder zu mir?«
Sie dreht den Kopf in seine Richtung. »Zu mir!«, sagt sie und obwohl er es kaum sehen kann, weiß er, dass sie ihn streng ansieht. »Und nachdem ich ausgestiegen bin, zu dir.«
Er lacht leise, auch wenn er die Situation eher ermüdend als lustig findet. »Also willst du so tun, als wäre nichts passiert? Oder willst du einfach nicht zugeben, dass ich recht hatte. Ich hab doch gesagt, dass es so endet.« Das hat er, aber vor allem deshalb, weil er sich vorgenommen hatte, dafür zu sorgen, dass es genauso endet. Seit dem Vorfall mit Marika hat er dieses Vorhaben aber auf Eis gelegt und als er angeboten hat, Rem nach Hause zu fahren, meinte er das und nichts anderes. Aber nicht nur hat das zu Sex in seinem Auto geführt, es war Rem, die es initiierte.
»Darum geht es nicht.« Rem schüttelt den Kopf. »Mein Wochenende ist verplant und ich will weder unter Zeitdruck stehen noch müde sein.«
Trotz ihrer Absage, muss Kohei lächeln, denn er weiß genau, was sie meint. Würden sie die Nacht zusammen verbringen, würden sie wenig schlafen und lange im Bett bleiben. »Wenn du nicht beschäftigt wärst, würdest du also mit zu mir kommen?«, fragt er neckisch.
Diesmal zögert Rem, bevor sie antwortet. »Du weißt genauso gut wie ich, warum es eine schlechte Idee ist, wenn wir uns weiter treffen.« Sie sieht aus dem Fenster. »Ich kann nicht glauben, dass wir es praktisch im Büro getan haben.« Diesen Teil murmelt sie nur und Kohei muss grinsen. Er ist kein Exhibitionist, aber da keiner der Bewegungsmelder im Parkhaus das Licht eingeschaltet hat, sind sie offensichtlich allein hier, weshalb er keinen Grund hat, irgendetwas zu bereuen. Im Gegenteil sogar.
»Du sagst das so, als wäre das meine Schuld. Dabei hast du mich geküsst.«
Rem schnaubt. Sie dreht sich dabei nicht einmal wieder ihm zu. »Das war aber nicht als Einladung gedacht, es in deinem Auto zu treiben!«
»Ach ja? Wozu war es dann gedacht?«, fragt Kohei, der nicht weiß, ob er verärgert oder amüsiert sein soll.
Rem antwortet nicht sofort und er hört ein leises Klopfen, als würde sie mit den Fingern auf das Sitzpolster trommeln. Dann reißt sie den Kopf herum und er weiß, dass sie ihn wütend ansieht. »Na gut! Aber wieso muss eigentlich immer ich die Vernünftige sein?! Du hast in den letzten Wochen ständig mit mir geflirtet, aber wenn ich es mache, kannst du dich nicht einmal zurückhalten!«
»Ähm…«, macht Kohei, denn Rems Logik humpelt ein wenig. Natürlich würde er sich nicht zurückhalten, wenn sie genau das tut, was er auch will. Gleichzeitig versteht er aber auch, was sie meint. Sie haben vereinbart, dass sie ihr Verhältnis geheim halten und dass sie es beenden, wenn es zu Problemen auf der Arbeit führen könnte. Kohei hat dem damals zugestimmt, weil es seine Kollegen nichts angeht, was er in seiner Freizeit tut und er nicht will, dass im Büro darüber getratscht wird. Und man würde darüber tratschen, schon allein weil es um Rem und ihn geht, die sich offiziell ständig in den Haaren liegen. Wenn dann noch herauskäme, dass sie keine feste Beziehung führen, wäre es das Gesprächsthema Nummer eins und vor allem für Rem unangenehm. Dazu kommt, dass mittlerweile schon mehrere andere davon wissen, Marika eingeschlossen, die bisher nicht sehr erwachsen mit diesem Wissen umgegangen ist.
Rem hat also recht. Es wäre besser, wenn sie aufhören, sich zu treffen, zumindest für eine Weile, um Schlimmeres zu vermeiden. Besonders jetzt, wo auch Rem schon genug andere Probleme mit dem Betrugsversuch und ihrem Ex hat. Aber trotz alledem kann Kohei nichts gegen das Glücksgefühl tun, das in ihm aufsteigt, als Rem zugibt, dass sie ihr Verhältnis nicht beendet hat, weil sie es will.
Er räuspert sich. »Wir könnten auch einfach sagen, dass -« Er beißt sich auf die Zunge, als er ohne nachzudenken zu sprechen beginnt. Er hätte beinahe vorgeschlagen, dass sie so tun, als wären sie ein Paar, sodass es keinen Grund mehr gäbe, es geheim zu halten, wenn sie gemeinsam nach Hause fahren oder zur Arbeit kommen. »Nein, vergiss es.« Er schüttelt den Kopf und dreht sich, um die Tür auf seiner Seite zu öffnen. »Ich fahr dich nach Hause.«
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