Draußen ist es noch dunkel, als Rem aufsteht. Sie hat gewartet, bis Inouye eingeschlafen ist, um leise zu gehen. Es ist nicht unbedingt der unangenehme Morgen, vor dem sie flieht. Aber sie muss nach Hause, duschen und sich umziehen, bevor sie zur Arbeit gehen kann.
Rem verlässt die Wohnung und ruft sich ein Taxi. Noch vor einer Weile hätte sie sich das Geld gespart und wäre zu Fuß gegangen, aber seit der Trennung von Kosuke ist ihr klar geworden, dass sie irgendwann aufgehört hat, Geld für sich selbst auszugeben. Sie hat immer gespart, für Verabredungen mit Kosuke oder Geschenke für ihn. Ihr ist nicht einmal aufgefallen, wie sehr sie ihm zugetan war, und vielleicht ist auch das Teil des Problems gewesen. Das ist auch der Grund, warum Inouyes Worte einen solchen Eindruck auf sie gemacht haben. Sie will keine engstirnige, verbohrte Frau sein, die jede persönliche Beziehung zu ernst nimmt und dann mit den Scherben dasteht. Nicht, dass sie vorgehabt hätte, einen One-Night-Stand mit einem Kollegen zu haben.
Rem stöhnt auf, was ihr einen überraschten Blick des Taxifahrers einbringt, und reibt sich die Schläfe. All das, nachdem sie Inouye einen Vortrag über intime Beziehungen zu Kollegen gehalten hatte. Sie ist nicht einmal betrunken genug gewesen, um dem Alkohol die Schuld zu geben.
Es stimmt, dass ihr letztes Mal mit Kosuke schon eine Weile her ist und er sie verunsichert hat, aber bei Inouye ging es ihr nur darum, ihm zu zeigen, dass sie nicht die prüde und unflexible Frau ist, für die er sie hält. Anders als bei Kosuke hat sie nicht einmal daran gedacht, ihm Vergnügen zu bereiten. Und es ist seltsam befriedigend gewesen. Normalerweise hat er diesen kontrollierten Ausdruck und dieses nervig strahlende Lächeln auf dem Gesicht. Es ist das erste Mal für sie gewesen, sein Gesicht von Emotionen überwältigt zu sehen. Es lässt ihn weniger perfekt erscheinen. Obwohl der Rest von ihm definitiv perfekt ist. Sie hat ihm nie viel Beachtung geschenkt, aber er ist unglaublich gut gebaut. Kosuke ist schlank und eher zierlich, und Rem hätte nie gedacht, dass ein Mann mit gut definierten Muskeln so schön sein kann. Die Art, wie er sie mit Leichtigkeit hochgehoben hat, die Stärke seines Griffs und wie kraftvoll er…
Rem schließt die Augen, als sich ihr Gesicht durch die Erinnerungen an die Nacht erhitzt. Es muss daran liegen, dass ihr letztes Mal schon so lange her ist. Andernfalls würde sie bereuen, dass sie mit ihrem Arbeitskollegen geschlafen hat, und nicht, dass es so schnell vorbei gewesen ist.
Wie gewöhnlich hat Rem viel zu tun, sodass es nicht schadet, früher im Büro zu sein. Besonders da die Übergabe von Syrene geplant und durchgeführt werden muss, und das so schnell wie möglich.
»Sie haben es also wirklich geschafft, Mr. Inouye die Engländer wegzuschnappen?!« Mori betrachtet sie mit einem Kopfschütteln, nachdem Rem ihr von der Sache erzählt hat.
»Nein, er hat mich um Hilfe gebeten, weil er es vermasselt hat«, korrigiert Rem sie.
»Alles, was ich getan habe, war zu helfen.«
»Sie wissen, dass Ihnen das niemand glauben wird.«
Rem dreht sich um und sieht überrascht zu Inouye, der auf sie zukommt. »Ich habe Ihnen vor einer Weile alle Akten geschickt. Haben Sie sie durchgesehen?«
»Natürlich.« Rem verschränkt die Arme vor der Brust. Es ist eigenartig, wieder förmlich mit ihm zu sprechen. »Wie nett von Ihnen, dass Sie persönlich herkommen.«
Er sieht aus wie immer und doch ist etwas anders an ihm. Es sieht so aus, als würde ihm sein Anzug besser passen, oder vielleicht hat Rem einfach eine neue Wertschätzung dafür, wie gut er ihm steht.
»Ich dachte, Sie hätten vielleicht Fragen«, sagt er und sieht sie an, als ob er etwas von ihr erwartet.
Sie legt nachdenklich die Stirn in Falten. Sie hat nicht gründlich genug nachgesehen, um Fragen zu haben, aber es wäre eine Verschwendung, ihn wegzuschicken, wenn er seine Hilfe so bereitwillig anbietet. »Das tue ich«, sagt sie. »Was Ihre Art des Kontakts angeht und wie Sie bisher mit Mr. Blake umgegangen sind. Sie waren die einzige Person, die mit ihm in Kontakt stand, ja?«
Inouye starrt sie weiter an, bis er langsam nickt. »Es gibt nichts Besonderes, was Sie über ihn wissen müssen, aber ich kann Ihnen sagen, worauf er am meisten Wert legt. Sie erlauben?« Er tritt neben sie und beugt sich über ihren Schreibtisch.
Rem blickt auf seine Hand, die ihre Computermaus bedient. Seine Finger sind lang und schlank, aber seine Knöchel sind rau wie die von jemandem, der Kampfsport betreibt.
»Hier, dieser Teil ist besonders wichtig.«
Rems Blick zuckt zum Bildschirm.
»Er ist ein strenger Mann und Entschuldigungen hört er nicht gern, also ist es das Beste, alles doppelt zu kontrollieren.« Er hat eine schöne Stimme, aber gestern war sie tiefer und kehliger.
»Ja, das dachte ich mir schon.« Rem nickt, als sie über ihr Gespräch am Telefon nachdenkt. Mr. Blake hat es nicht versäumt deutlich zu machen, wie empört er über den fehlerhaften Geschäftsplan ist, obwohl er ihm noch keine Probleme bereitet hatte.
Inouye wirft ihr einen misstrauischen Blick zu. »Syrene ist anders als unsere üblichen Kunden.«
Rem verdreht die Augen. »Ich weiß, dass Sie in Europa studiert haben, aber das bedeutet nicht, dass niemand sonst in der Lage ist, mit Europäern umzugehen. Außerdem ist das Material, das Ihr Team vorbereitet hat, präzise und detailliert, sodass ich nicht glaube, dass es irgendwelche Probleme geben wird.«
Inouye starrt sie an.
»Gibt es einen Grund, warum Sie so vorsichtig sind?«, fragt Rem mit einem Stirnrunzeln, denn er starrt sie mit diesem eigenartigen Blick an, seit er hergekommen ist.
Seine Augen schmälern sich.
»Sie sind den ganzen Weg hierhergekommen, ohne dass ich fragen musste«, fügt sie hinzu.
Er schnaubt. »Sind Sie nervös?«
»Ich nicht«, sagt sie und sieht ihn bedeutungsvoll an, obwohl sie genau weiß, dass es keine Nervosität ist. Der Grund, warum er hergekommen ist und darauf geachtet hat, ihr beiläufig so nah wie möglich zu kommen, ist, dass er sie testen will. Er will wissen, ob sie wirklich so tun kann, als sei nichts passiert.
»Wie könnte ich das nicht?«, sagt er. »Ich will nicht, dass Sie es vermasseln.«
Rem lacht auf. »Wenn Sie so schwache Ausreden benutzen, könnte ich denken, Sie sind hier, um mich zu sabotieren.«
»Noué ist ein Unternehmen meiner Familie und praktisch meins, wieso sollte ich es sabotieren?«
»Ein hübscher Traum ist das«, spottet Rem. »Sollten Sie nicht lieber ihren Großvater fragen, bevor Sie so große Worte in den Mund nehmen?«
»Eifersüchtig, weil er mein Großvater ist und nicht Ihrer?«
»Ach bitte. Als ob das einen Unterschied machen würde, sonst wären Sie schon mein Chef.«
Inouye grinst über ihre Worte. »Ich freue mich auf den Tag, an dem ich es sein werde.«
»Oh, das tue ich auch.« Sie wackelt mit den Augenbrauen. »Ein Chef, der mich ständig um Hilfe bittet, ist eine reizvolle Aussicht.«
Inouye schnalzt mit der Zunge. »Das werden wir ja sehen, du Fuchs. Jetzt hör mir zu«, sagt er ebenfalls mit leiser Stimme und möglicherweise wechselt er deswegen wieder zu informellen Anrede. Allerdings sitzt Mori dicht genug, um ihn hören zu können und sie wirft ihnen einen neugierigen Blick zu.
Inouye bemerkt es nicht und richtet seinen Blick auf Rems Bildschirm, während er beginnt, einige der gesendeten Dateien zu erklären.
Er ist ein wortgewandter Redner und gut informiert. Von seinen Erklärungen allein wird deutlich, dass er Syrene gut betreut hätte. Seine Arbeit war einwandfrei, aber die Tatsache, dass er Syrene trotzdem verloren hat, ist ebenso ungerecht wie real. Er versteht das so gut wie sie und obwohl sie es nicht laut zugeben würde, ist es beruhigend zu wissen, dass er sie unterstützen kann, wenn sie Hilfe braucht.
Und dank dieser Hilfe läuft die Vertragsunterzeichnung mit Syrene reibungslos ab. Inouyes Einschätzung von Mr. Blakes Charakter und seinen Werten ist zutreffend und Rem stellt fest, dass er nur problematisch ist, wenn man ihm Unannehmlichkeiten bereitet. Um ihn zu beschreiben wären die Worte, ‚effizient‘ und ‚erfolgsorientiert‘ wohl am treffendsten. Daher sind ihre Unterhaltungen immer kurz und auf den Punkt, womit Rem sehr zufrieden ist, da er sie häufig noch anruft, wenn sie Feierabend machen will oder schon gemacht hat.
»Was die Parfümproben angeht, soll ich jemanden schicken, der sie abholt?« Rem drückt ihr Handy mit der Schulter an ihr Ohr, während sie an ihrem Computer tippt.
»Nicht nötig«, sagt Mr. Blake. »Ich werde sie liefern lassen, aber ich brauche die ersten Entwürfe innerhalb der nächsten Woche.«
»Natürlich. Wir können gleich einen Termin für die Präsentation der Entwürfe vereinbaren.«
»Eine gute Idee!« Der Tonfall in seiner Stimme ändert sich. Mr. Blake mag es, wenn alles nach einem strikten Plan abläuft. »Schaffen Sie es bis Donnerstag? 16 Uhr?«
»Ja. Dann komme ich am Donnerstag um 16 Uhr in Ihr Büro«, antwortet sie ohne zu zögern. Präsentationsentwürfe sind einfach, vor allem die ersten. Mr. Blake hat ihr bereits gesagt, was er erwartet und was vermieden werden soll, und würde er jetzt auf der Stelle eine Präsentation von ihr verlangen, könnte sie ihm eine geben.
Nachdem sie das Telefonat beendet hat, schickt sie ihre Notizen an das Entwicklungsteam und geht dann ihre E-Mails durch. Wie üblich hat sie eine Menge Mails von Kunden bekommen, aber auch von Kollegen, die sie bei Kundenbeschwerden um Rat fragen. Sie ist zu einer Art Notfallkontakt für alle geworden, die im Umgang mit einem Kunden mit ihren Nerven am Ende sind.
Nachdem sie einige gelesen hat, steht Rem auf und macht sich auf den Weg zu Yamatos Schreibtisch. Sie ist neu in der Abteilung, weshalb Rem besonders sorgfältig ist und sie persönlich aufsucht. Kundenbeschwerden sind am Anfang das Schwerste und jemanden an seiner Seite zu haben, ist hilfreicher als eine Mail, in der ein paar Tipps stehen.
Sie unterhält sich ein wenig mit Yamato, während sie sich über ihren Schreibtisch beugt, und dabei bemerkt sie in der Spieglung des Bildschirms, dass Inouye in ihre Richtung schaut. Aber als sie sich aufrichtet und umdreht, schaut er weg.
Rem runzelt die Stirn. Es ist nicht das erste Mal, dass das passiert. Er sieht sie oft an, wenn sie sich zu einem Kollegen hinunterbeugt, und manchmal, wenn sie sich unterhalten, rutscht sein Blick an ihr hinunter. Es ist unverhohlen offensichtlich, was er denkt.
Es sind fast zwei Wochen vergangen, seit sie miteinander geschlafen haben, und obwohl sich die Arbeit nicht verändert hat, hat sich etwas verändert. Zuerst dachte sie, es läge an seiner Einstellung, aber vielleicht ist es auch sie selbst, die ihm mehr Aufmerksamkeit schenkt. Es ärgert sie, weil sie sich keine Gedanken darüber machen will. Und sie will noch weniger, dass er weiß, dass sie sich Gedanken darüber macht. Also ignoriert sie seine Blicke und geht wie gewohnt ihrer Arbeit nach, in der Hoffnung, dass sich mit der Zeit alles klären wird.
»Die Datei enthält die Models, mit denen Noué bereits gearbeitet hat, aber das sind nur Vorschläge.« Rem steht in der Damentoilette des Restaurants, das sie häufig nach der Arbeit besuchen, und telefoniert mit Mr. Blake. Wegen seiner Arbeitszeiten ist es nicht ihr erstes Telefonat auf der Damentoilette. »Eine von ihnen auszuwählen, würde den Einstellungsprozess beschleunigen, aber wenn man bedenkt, wie die Vorbereitungen ablaufen, wäre es kein Problem, ein anderes Model zu engagieren, wenn Sie ein bestimmtes im Sinn haben oder mit keinem der Models zufrieden sind.«
»Es wäre kein Problem?« Mr. Blakes Stimme klingt zweifelnd. »Mir war nicht bewusst, dass Noué so viele Möglichkeiten besitzt. Natürlich können Sie für das, was Sie gerade gesagt haben, die Verantwortung übernehmen?«
»Das versteht sich von selbst«, antwortet sie ohne zu zögern. Aufgrund ihrer bisherigen Arbeit ist es unwahrscheinlich, dass er mit den von ihr vorbereiteten Models unzufrieden ist, und testet nur ihre Reaktion.
»Nun gut. Dann werde ich mich wieder bei Ihnen melden, sobald ich meine Wahl getroffen habe. Lassen Sie uns versuchen, den Spot vor Ende des Jahres fertig zu stellen.«
»Soll ich das als Anweisung verstehen, bis zum Jahresende mit allen Mitteln einen fertigen Spot zu erstellen?« Das Ende des Jahres ist nächste Woche. Es wäre unmöglich, bis dahin einen Werbespot zu erstellen, der dem Detailreichtum und der Länge entspricht, die Mr. Blake erwartet. Und sie weiß, dass Mr. Blake sich dessen sehr wohl bewusst ist. Letztendlich ist es aber Mr. Blake, der ein anständiges Produkt braucht und nicht Rem.
»Das wäre ideal, aber ich möchte, dass die Qualität oberste Priorität hat.«
Rem lächelt. »Ja, das ist auch meine Meinung. Ich werde mein Bestes tun, um Sie mit dem fertigen Produkt zufriedenzustellen.«
»Richtig. Ich danke Ihnen, Ms. Aozora.« Seine Stimme klingt jedoch nicht besonders dankbar.
Sie seufzt, nachdem sie aufgelegt hat. Noch vor ein paar Wochen hätte sie ihn als unkomplizierten Kunden eingestuft, aber damals ist sie der Meinung gewesen, dass er aufhören würde, sie ständig zu testen, nachdem sie eine Weile miteinander gearbeitet haben. Doch das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Solange sie ihm jedoch keinen Grund gibt, ihr Geschäftsverhältnis infrage zu stellen und die Beziehung zwischen Syrene und Noué erst einmal stabil ist, wird es einfacher werden.
Rem verlässt die Damentoilette, während sie mit ihrem Handy nach Alternativen für die Models sucht. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass Mr. Blake tatsächlich danach fragen wird, muss sie für den Fall der Fälle etwas vorbereiten.
Sie hört Stimmen, als sie den Flur entlanggeht, und als sie den Kopf hebt, sieht sie Inouye und Kondo vor der Tür zum Schankraum stehen. Es sieht nach einer hitzigen Diskussion aus, und Rem schaut wieder auf ihr Handy, verärgert darüber, dass Inouye nicht aus seinen Fehlern zu lernen scheint.
Doch dann, kurz bevor Rem die Tür zum Schankraum erreicht, öffnet sich diese und ein Kellner mit einem Tablett erscheint. Genau in diesem Moment macht Kondo, die der Tür am nächsten steht, eine ausladende Handbewegung. Um ihr auszuweichen, tritt der Kellner schnell zur Seite und ist so sehr auf sein Tablett konzentriert, dass er Rems Anwesenheit nicht bemerkt.
»Urg!« Rem fängt das Tablett reflexartig auf, doch dabei fallen mehrere Gläser um, die leider nicht leer sind. Ihr Handy bleibt trocken, aber ihre Bluse und ihr Blazer werden von Bier durchtränkt.
»Es tut mir so leid!« Der Kellner hat einen panischen Gesichtsausdruck, als er Rem schnell das Tablett abnimmt.
»Ist schon gut«, sagt sie, obwohl ihr der Biergeruch und die nassen Klamotten sehr unangenehm sind.
»Oh je, Ms. Aozora, ich habe Sie gar nicht gesehen«, sagt Kondo und schlägt die Hände über dem Mund zusammen, als hätte Rem sie überrascht. »Geht es Ihnen gut?«
»Ja, ja.« Rem blickt auf ihre ruinierte Kleidung hinunter. Es hat keinen Sinn, jemandem die Schuld dafür zu geben, und plötzlich ist sie so müde, dass sie nur noch nach Hause möchte. »Könnte ich Sie bitten, meine Tasche und meinen Mantel zur Damentoilette zu bringen, Ms. Kondo?«
»Natürlich!« Kondo nickt und Rem macht auf dem Absatz kehrt, um den Weg zurückzugehen, den sie gekommen ist.
Ihr ursprünglicher Plan war, den Blazer, der am meisten durchnässt ist, auszuziehen und den Mantel über der Bluse zu tragen. Doch im Bad stellt sie fest, dass ihre Bluse genauso nass ist und sie will nicht, dass ihr Mantel nach Bier stinkt. Wenigstens ist ihr BH trocken geblieben. Es ist einer der wenigen schönen, die sie besitzt. Tiefrot mit Spitze.
Es wird kalt sein, aber Rem beschließt, auch ihre Bluse auszuziehen und den Mantel über ihrem BH zu tragen. Dann wäscht sie sich am Waschbecken, bis sie ein Klopfen an der Tür hört.
»Aozora? Ich habe deine Sachen.«
Rem erstarrt. Das ist nicht Kondos Stimme. Sie blickt an sich herunter und dann auf ihre nun völlig nasse Bluse. Dann schließt sie die Augen. Macht er das mit Absicht? Sie hätte ihre Sachen einfach selbst holen sollen, denkt sie, als sie die Tür öffnet.
»Danke«, sagt sie, nimmt ihre Sachen und schließt die Tür wieder. Zum Glück hat sie eine Plastiktüte in ihrer Tasche, in der sie ihre nassen Klamotten verstauen kann.
Als sie das Bad verlässt, steht Inouye immer noch davor. »Bist du sicher, dass du so gehen willst?«, fragt er und seine Augen zucken zu ihrem Dekolleté, wo sie die Knöpfe ihres Mantels noch nicht geschlossen hat.
»Wie denn sonst?«, antwortet sie, während sie die Plastiktüte in ihre Tasche schiebt.
»Ich könnte dir mein Jackett leihen.«
Rem sieht ihn an. Es ist kalt draußen und ihr Weg nach Hause ist länger als seiner.
Als er sieht, dass sie zögert, zieht er sein Jackett aus und hält es ihr hin. »Ich habe jede Menge Anzüge, ich brauche es also nicht sofort zurück.«
Sie schaut in sein Gesicht, dann auf das Jackett und stellt dann ihre Tasche neben sich auf den Boden. Sie öffnet die Knöpfe ihres Mantels, um sein Jackett darunter anzuziehen, und versucht, nicht über die Seltsamkeit dieser Situation nachzudenken.
Inouyes Jackett ist ihr zu groß und sie muss die Ärmel hochkrempeln, aber es ist immer noch besser, als nichts anzuziehen.
Inouye atmet aus. »Du hattest vorhin ein Gespräch mit Mr. Blake, richtig? Wie läuft es denn so?«
Rem blickt ihn an.
Seine Augen kleben an ihrem Dekolleté, wo ihr BH zu sehen ist.
»Es gibt keine Probleme«, sagt sie und zieht sein Jackett fester zu, um ihr Dekolleté zu verdecken. »Egal, wie oft du fragst.«
Er hebt den Blick und eine kleine Falte erscheint auf seiner Stirn. »Ich will nicht, dass es ein Problem gibt.«
»Der Unterschied zwischen uns für die Rangliste im November ist ziemlich groß.«
»Nicht so groß, wie er sein könnte. Ich bin immer noch an zweiter Stelle.«
»Stimmt. Du musst sehr hart gearbeitet haben.«
Inouyes Kiefer spannt sich an. Er reagiert immer, wenn sie ihn über seine Unfähigkeit, ihren Platz als Nummer eins einzunehmen, aufzieht. Und daher weiß sie auch, dass ihre Unterstellung, dass er sich wünscht, dass sie ein Problem mit Syrene oder Mr. Blake hat, nicht völlig falsch ist. Nicht, weil er wollen würde, dass sie Syrene verliert, es geht ihm eher um die Befriedigung, sie um seine Hilfe bitten zu sehen. Aber für den Moment muss er sich damit zufriedengeben, auch mit all seinen Mühen nur den zweiten Platz zu erreichen.
Sie reckt den Hals und bringt ihr Gesicht mit einem Grinsen näher an seins heran. »Warum fängst du einen Streit an, von dem du weißt, dass du ihn nicht gewinnen kannst?«
Er starrt sie mit einem sturen Blick in seinen Augen an. Und dann küsst er sie.
Es passiert genauso plötzlich wie beim ersten Mal, nur dass er diesmal nicht so vorsichtig ist. Rem wird mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt, bevor sie überhaupt reagieren kann, und sie ist zu müde, um sich über die Folgen Gedanken zu machen. Sie packt ihn am Kragen und zieht ihn näher zu sich, während sie seinen Kuss erwidert.
Kosuke hat es nie gemocht, wenn sie zu aggressiv war, aber sie würde Inouye nicht das Privileg geben, sich zurückzuhalten. Er ist nicht nur jemand, gegen den sie nie verlieren möchte, sie genießt seine Frustration auch viel zu sehr.
Während sie sich auf den Kuss konzentriert, öffnen seine Hände das Jackett und Rem erschaudert, als seine warme Hand ihre Taille berührt. Er bewegt sie nach oben und Rem stöhnt, als er ihre Brust erreicht.
Sie mag seine Hände. Er hat lange Finger und einen festen Griff und seine Hände sind weder schwitzig noch kalt. Aber auch wenn sie es genießt von ihm berührt zu werden, ist das nicht der richtige Ort.
Sie drückt gegen ihn, um ihn zurückzuschieben, aber das ermutigt ihn nur dazu, stattdessen ihren Hals zu küssen. »Warte...hah!«, keucht sie, als seine geschickten Finger über ihren Körper wandern. »Nicht hier.«
»Du hast angefangen«, murmelt er mit atemloser Stimme gegen ihr Schlüsselbein.
»Red keinen Blödsinn! Mh!« Sie dreht ihren Kopf zur Seite, um ihm mehr Platz zu geben, während ihre Hand sein Haar greift.
»Was für ein Blödsinn?«, murmelt er und seine Lippen wandern ihren Hals hinauf zu ihrem Ohr. »Wer hat sich vor mir ausgezogen?«
»Ich habe Ms. Kondo gebeten, meine Sachen zu holen.«
»Sie hat sich ablenken lassen und hätte noch ewig gebraucht. Du solltest dich bei mir bedanken.«
»Was, mich ohne Shirt zu sehen, ist nicht genug?«
Er lacht und drückt seine Lippen dann auf ihre.
Rem erwidert den Kuss zuerst, aber dann schiebt sie ihn erneut zurück.
»Wir können das nicht hier machen!«, erinnert sie ihn.
»Ich habe ein Kondom dabei.«
Sie blinzelt irritiert. »Wer bringt ein Kondom zu einem Abend mit Kollegen mit?«
Er blinzelt. »Ein Mann?«
Sie runzelt die Stirn über seine idiotische Antwort. Und dann hebt er sie plötzlich hoch. Sie schnappt nach Luft.
Sein Körper presst sich an ihren und er knabbert neckisch an ihrer linken Brust, knapp über ihrem BH, während er zu ihr hochschaut. »Tu nicht so, als ob du das nicht lieben würdest.«
Er hat recht. Sie liebt es, wie leicht er sie hochheben kann und wie geschickt er mit seinen Fingern und Lippen ist. Aber sie packt mit einer Hand seine Haare und zieht seinen Kopf zurück. »Anstatt herumzualbern, solltest du die Verantwortung für meine Kleidung übernehmen. Da es zum Teil deine Schuld ist, dass Bier darauf verschüttet wurde, ist es nur fair, wenn du mir deine Waschmaschine leihst.«
Er sieht sie überrascht an, aber ein Grinsen breitet sich schnell auf seinen Lippen aus, als er versteht, worauf sie hinaus will. »Ich rufe ein Taxi.«
Das letzte Mal war Rem damit beschäftigt, so zu tun, als wäre sie nicht von der Größe des Hauses und seiner Wohnung überwältigt, aber heute beachtet sie beides nicht. Die Tür zu seiner Wohnung ist noch nicht einmal ganz geschlossen, da küssen sie sich bereits.
Rem schmeißt ihre Tasche in die Ecke, während sie sich die Schuhe von den Füßen kämpft. Gleichzeitig zieht Inouye ihr den Mantel aus. Seine Hände sind jetzt von draußen kühl und Rem zuckt zusammen, als er sie unter das Jackett schiebt. Sie ergreift sein Handgelenk. »Wir sollten ein paar Regeln aufstellen«, keucht sie, während er beginnt, ihren Hals zu küssen.
»Wozu?«, murmelt er gegen ihre Haut.
»Um Missverständnisse zu vermeiden.« Ihr Rücken wird wieder an die Wand gepresst und sie lehnt ihren Kopf zurück, als seine Hand in ihren BH gleitet.
»Sex ohne Bedingungen, richtig?«
Rem drückt ihn zurück, um auch ihn ausziehen zu können. »Da ist noch mehr«, sagt sie und ihre Finger öffnen schnell die Knöpfe seiner Weste, während er seinen Mantel auszieht. »Ich will nicht, dass das ein Problem bei der Arbeit wird. Erzähl niemandem davon, und wenn es doch ein Problem wird, hören wir auf.«
»Seh ich genauso«, sagt er, während er ihre Hüften packt und sie wieder gegen die Wand drückt. In der gleichen Bewegung küsst er sie.
Ihre Finger sind immer noch mit den Knöpfen seines Hemdes beschäftigt, während seine ihre Hose öffnen.
»Und ich wäre dir dankbar, wenn du mir sagen würdest, wenn du dich mit einer anderen Frau triffst. Ich will keine un-ah!« Rem stöhnt laut auf, als er seine Hand in ihren Slip schiebt.
»Was war das?«, fragt er neckisch, während er die Finger bewegt.
»Gott, du Bastard!« Ihre Augen rollen zurück und sie bewegt ihre Hüften gegen seine Hand.
»Ein Bastard-Gott, hm? Du hast eine seltsame Art, Leuten Komplimente zu machen«, sagt er, aber auch er klingt außer Atem.
»Halt die Klappe! Ah!« Sie hält sich mit einer Hand an seiner Schulter fest, während die andere die Schnalle seines Gürtels sucht.
Inouye stöhnt, als ihre Finger die Beule in seiner Hose streifen. Er flucht und zieht seine Finger zurück.
»Ich will keine unangenehmen Situationen«, vollendet sie ihren Satz, als er sich hinunterbeugt, um ihr die Hose herunterzuziehen.
»Das gilt auch für dich«, sagt er und öffnet seine eigene Hose, um das Kondom überzustreifen. »Zum Beispiel solche, die deinen Ex involvieren.«
Rem beißt die Zähne zusammen, als sie sich an ihre Begegnung vor dem Büro erinnert. »Ja, natürlich. Es tut mir leid wegen dem letzten Mal.«
»Das muss es nicht.« Er hebt sie hoch und drückt ihre Beine auseinander.
Rem krallt ihre Finger in seinen Nacken und seine Schulter, als er in sie eindringt.
»Wenn ich uns jetzt so anschaue, hatte er nicht ganz unrecht.«
Sie schlingt ihre Beine um ihn. »Das ist etwas anderes«, keucht sie. »War es damals und ist es jetzt. Ah!« Ihr entkommt ein kleiner Aufschrei, als er sich plötzlich zu bewegen beginnt.
»Verdammt!« Seine Stimme klingt rauer und kehliger als zuvor. »Ich hatte mich schon darauf gefreut, mit Geschenken überhäuft zu werden.«
Rem drückt ihn fester an sich. »Als ob ich ... dir irgendetwas schenken würde, mh!«
Er hakt ihr rechtes Bein über seinen Arm und zieht es hoch. »Wie schade«, keucht er in ihr Ohr. »Ich hätte sie gleich im Büro empfangen können.«
»Mach dich nicht lächerlich.« Sie packt ihn an den Haaren und zieht seinen Kopf zurück, damit er sie ansieht. »Du bist nur ein menschlicher Dildo für mich.«
Er hält inne und sieht sie überrascht an. »Wie unhöflich«, sagt er, aber er grinst. »Welches Sexspielzeug bist du dann?«
Rem rollt mit den Augen. »Wie wäre es mit der Personifizierung deiner rechten Hand? Und jetzt mach schon!«
Er lacht. »Was für eine anspruchsvolle rechte Hand ich habe«, sagt er, bevor er seine Lippen in einem Kuss auf ihre presst. Gleichzeitig setzt er sich wieder in Bewegung.
»Mh!«, stöhnt Rem in seinen Mund und ihre Hand zieht an seinen Haaren. Ihre Haut brennt, wo immer er sie berührt, während sich die willkommene Spannung in ihrem Körper aufbaut. Es ist genau das, was sie nach Wochen der Kopfarbeit im Büro braucht.
»Shit!«, knurrt Inouye, als er seine Lippen von ihren löst. Seine Bewegungen werden energischer.
Rem lehnt den Kopf zurück und ihre Nägel kratzen über seine Schulter, während sie an seinem Hemd zerrt. Sie spürt, wie er sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergräbt und seinen schnellen Atem auf ihrem Schlüsselbein, begleitet von seiner rauen Stimme, roh und unkontrolliert. Ihre Zehen krümmen sich und sie wölbt ihren Rücken. Ein Schrei entkommt ihr und sie presst Inouye fest an sich, als die Spannung in ihrem Körper ihren Höhepunkt erreicht.
Schwer keuchend lehnt Rem ihren Kopf gegen die Wand. Eine angenehme Erschöpfung macht sich in ihr breit, und einen Moment lang genießt sie dieses Gefühl.
Auch Inouye bewegt sich nicht. Sein Körper ist immer noch an den ihren gepresst und er hält sie noch immer in der Luft.
Dann drückt Rem gegen seine Schulter. »Lass mich runter.«
»Bist du sicher, dass du stehen kannst?«, fragt er und sein Atem kitzelt ihren Hals.
»Ich bin hier, um meine Kleider zu waschen, schon vergessen?«
Er lacht, aber er bewegt sich und setzt sie vorsichtig ab, wobei er sich vergewissert, dass sie stehen kann, bevor er sie loslässt.
Rem schnappt sich ihre Tasche und ihre Hose und geht in seinen Waschraum. Auf dem Weg dorthin löst sie ihren Pferdeschwanz, der ohnehin nicht mehr ordentlich ist. Erst dann bemerkt sie, dass Inouye ihr nicht folgt.
Sie wirft ihre Kleidung in die Waschmaschine und bückt sich, um auf das Display zu schauen. Natürlich hat Inouye eine dieser teuren Waschmaschinen mit vielen verschiedenen Waschgängen. Sie weiß immer noch nicht, was sie tun soll, als sie hört, wie Inouye den Raum betritt. »Warum ist deine Waschmaschine so kompliziert?«, murmelt sie und ärgert sich, dass sie ihm bei so etwas Einfachem um Hilfe bitten muss.
Er tritt hinter sie und sein Arm kommt in ihr Blickfeld, als er die Hand nach dem Display ausstreckt. »Es ist nicht kompliziert«, sagt er ruhig und beginnt, einige Knöpfe zu drücken. Gleichzeitig kann Rem seine andere Hand auf ihrem Oberschenkel spüren, die langsam nach oben wandert. Sie richtet sich auf und dreht sich um.
»Siehst du?«, sagt er grinsend, als die Waschmaschine hinter ihr anläuft. Er schlingt einen Arm um sie und drückt sie an sich, während die andere ihren Hintern packt.
Rem wirft ihm einen strengen Blick zu. »Es gibt noch eine Regel«, sagt sie, während er sich, unbeeindruckt von ihrem Blick, zu ihrem Hals hinunterbeugt. »Hör auf, mir auf den Hintern zu starren, wenn wir im Büro sind.«
Er gluckst. »Das hast du bemerkt?«
»Wie hätte ich das nicht bemerken sollen?«
Seine Hand drückt ihren Hintern und Rem schließt die Augen, als er ihr ins Ohr beißt. »Das liegt daran, dass dein Hintern so sexy ist.«
»Wenn das deine Gedanken bei der Arbeit sind, ist es kein Wunder, dass du hinterherhinkst.« Daraufhin drängt er sie plötzlich rückwärts und sie hält sich an seinem Hemd fest, um ihr Gleichgewicht zu halten. Dann wird sie hochgehoben und findet sich auf der Waschmaschine wieder.
Sie kann hören, wie Inouyes Atem schwerer wird, und seine offensichtliche Erregung lässt Hitze durch ihren Körper schießen.
»Hast du eine Ahnung, wie verführerisch du aussiehst, nur in meinem Jackett und einem BH? Und wenn du dich dann auch noch vorbeugst...« Seine Hand schlüpft unter sein Jackett und streichelt ihren Rücken. Seine Lippen wandern über ihre Brust, während er ihren BH öffnet.
Rem schließt die Augen, als er beginnt, ihre linke Brust zu küssen, während seine Hand ihre rechte massiert.
Kosuke hat das auch gern gemacht, aber er hat sie immer auf eine Weise berührt, die Rem nicht besonders gefallen hat. Jetzt, wo sie darüber nachdenkt, war es eher so, dass er sie einfach nur gern betatscht hat. Kosukes Worte darüber, dass sie ihn im Bett nicht befriedigt hat, haben bei ihr ein Gefühl von Scham und Unsicherheit hinterlassen, aber jetzt kann sie nicht anders als zu denken, dass etwas Wahres daran ist. Sie hat ihn geliebt, und doch konnte sie sich an keinen Moment erinnern, in der sie seine Berührungen so sehr genossen hat, wie sie es jetzt bei Inouye tut.
»Denkst du an deinen Ex?«
Inouyes raue Stimme lässt sie zusammenzucken. Sie hat nicht erwartet, dass er das bemerkt! Etwas verlegen öffnet sie ihren Mund, um sich zu entschuldigen. Auch wenn sie keine Beziehung haben, fühlt sie sich unhöflich, weil sie an Kosuke denkt und ihn mit Inouye vergleicht, während Inouye bei ihr ist. Aber er zieht sie von der Waschmaschine, bevor sie ein Wort sagen kann.
»Es macht mir nichts aus«, sagt er, obwohl etwas Drängendes in seiner Stimme liegt. »Ich werde dir sogar helfen.«
Rem öffnet den Mund, aber Inouye dreht sie um und drückt sie auf die Waschmaschine.
»Ah!« Rem stöhnt auf, als sie etwas Hartes zwischen ihren Beinen spürt. Es drückt fester gegen sie, als er sich nach vorn beugt und ihr ins Ohr flüstert. »Stell dir vor, dass er es ist.«
Rem beißt sich auf die Lippen. Sie sieht zu, wie sich die cremeweiße Oberfläche der Waschmaschine vor- und zurückbewegt. Zuerst langsam, aber er steigert das Tempo schnell und bald spürt sie nicht einmal mehr das Vibrieren der Maschine unter ihren Fingern. Sie hört das leise Brummen nicht mehr und nur noch das Geräusch ihres Keuchens und Stöhnens füllt ihre Ohren. Ihr Körper zittert. Ihre Nägel kratzen über die Plastikplatte, in dem Versuch Halt zu finden.
Sein fester Griff um ihre Hüften, seine raue Art und sogar seine Größe, nichts ist wie Kosuke. Er hat sie sich nie so gut fühlen lassen.
Zuerst dachte sie, sie hätte die Nacht mit Inouye nur genossen, weil ihr letztes Mal schon so lange her gewesen ist. Aber mit Kosuke ist sie selten gekommen, fast nie zum Schluss. Inouye hat sie kaum Minuten, nachdem sie die Wohnung betreten haben, dazu gebracht und er hat auch die Ausdauer, es mehrmals hintereinander zu tun. Vielleicht sind Kosuke und sie tatsächlich einfach nicht kompatibel gewesen, denn Rem hat nicht das geringste Bedürfnis, sich vorzustellen, dass der Mann hinter ihr ein anderer ist als Inouye.
Rem wacht im hellen Licht der Morgensonne auf, die durch das große Fenster in Inouyes Schlafzimmer scheint. Es ist schon recht spät. Sie hat schon lange nicht mehr so gut und lange geschlafen. Normalerweise fällt es ihr schwer zu schlafen, wenn sie bei der Arbeit viel zu tun hat, aber die letzte Nacht hat sie so erschöpft, dass sie ihre Sorgen vergessen hat.
Sie streckt sich und setzt sich auf. Träge blinzelnd, reibt sie sich die Augen. Die Uhr neben dem Bett zeigt 9:23. Inouye ist nicht mehr da, aber sie kann Schritte hinter der geschlossenen Schlafzimmertür hören. Sie wickelt die Decke um sich und steht auf.
Inouyes Wohnung hat eine große Fensterfront und Tageslicht flutet das geräumige Wohnzimmer. Sie bewundert die Aussicht, während sie auf die Küche zugeht. Eine Glastür führt auf einen großen Balkon hinaus, und Rem denkt, wie angenehm es sein muss, im Sommer dort zu essen.
Inouye steht hinter dem Küchentresen und trinkt ein Glas Wasser. Er trägt ein Tanktop und eine Trainingshose, und seinem verschwitzten Körper nach zu urteilen, hat er Sport gemacht.
»Sieh mal an, wer aufgewacht ist.« Er grinst sie an, nachdem er das Glas geleert hat.
»Wer hätte gedacht, dass unsere Nummer eins eine Langschläferin ist.«
Rem runzelt die Stirn. »Ich habe in der letzten Woche nicht viel geschlafen. Du kennst die Arbeitszeiten von Mr. Blake.«
»Kein Grund, höflich zu sein«, sagt er und umrundet den Tresen. »Du kannst ruhig mir die Schuld geben.«
Sie schüttelt den Kopf über seine selbstgefällige Bemerkung, die er so stolz kundtut. »Aber ich habe letzte Nacht gut geschlafen.«
»Ach, wirklich?« Er hebt die Brauen und stemmt die Hände in die Hüften.
Rems Blick huscht zu seinen Armen. Er ist wirklich ziemlich muskulös. Es macht Sinn, dass er trainiert, um so dicke Arme zu haben. Und seine Brust ist auch... »Hast du gefrühstückt?«, fragt sie, bevor er ihr Starren kommentieren kann.
»Nein.«
»Wenn du nichts dagegen hast, dass ich deine Küche benutze, könnte ich uns etwas machen, während du duschst.«
»Klar. Das wäre nett.«
Sie nickt. »Süß oder salzig?«
»Salzig, aber mir ist beides recht«, sagt er, während er sich auf den Weg ins Schlafzimmer macht.
Sie sieht ihm ein wenig verwirrt hinterher, bis er wiederkommt und ihr ein schwarzes Hemd hinhält.
»Deine Klamotten sind noch nicht trocken und in einer Decke kannst du schlecht kochen.«
Sie sieht an sich herunter. Offenbar ist sie noch recht verschlafen, denn daran hat sie gar nicht gedacht.
»Ich meine, es macht mir nichts aus, wenn du gar nichts anhast, wenn du das willst.«
Sie nimmt ihm das Hemd ab. »Danke.«
Er grinst.
Nachdem er im Bad verschwunden ist, zieht Rem sein Hemd an und fragt sich, warum er ihr so ein gutes gegeben hat. Es ist ein Hemd mit Knöpfen aus einem seidenweichen Stoff und bestimmt teuer gewesen. Es scheint eine Verschwendung zu sein, darin zu kochen. Aber es ist bequem und lang genug, um ihre Oberschenkel fast bis zu den Knien zu bedecken.
Der Größenunterschied zwischen Kosuke und ihr ist nicht so groß, sodass es kaum einen Unterschied gemacht hat, ob sie seine Kleidung getragen hat oder ihre eigene. Und es gab auch nie wirklich einen Grund dazu, denn Kosuke ist aus dem Haus seiner Eltern direkt in ihre Wohnung gezogen.
Rem schließt die Augen und schüttelt den Kopf, um ihre Gedanken an Kosuke loszuwerden. Dann geht sie in die Küche.
Inouye hat nicht viel in seinem Kühlschrank, aber es reicht, um ein Omelett zu machen. Es wäre nicht genug, um Kosuke zufriedenzustellen, aber sie weiß, dass Inouye bei seinem Essen nicht sehr wählerisch ist. Kosuke ist auch nicht wählerisch, aber er kocht gerne und gut, was es schwieriger macht, ihn zu beeindrucken. Außerdem hat er eine Vorliebe für süßes Essen, anders als Rem, die salziges Essen bevorzugt.
»Riecht lecker.«
Rem sieht zu Inouye auf, der im Eingang der Küche steht, die Arme vor der Brust verschränkt, während er sie beobachtet. Seine Haare sind nass und hängen ihm zerzaust über die Stirn. Er trägt eine lockere Hose, ein weißes Hemd und ein Handtuch um den Hals. Es ist das erste Mal für sie, dass sie ihn in Freizeitkleidung und mit ungemachten Haaren sieht.
Ihr Blick wandert zu seinen entblößten Armen. »Ich bin fast fertig«, sagt sie und richtet ihren Blick wieder auf die Pfanne.
Inouye kommt in die Küche und schaut ihr über die Schulter. »Willst du mich beeindrucken oder was?«
»Nein, ich bin hungrig.«
»Du hättest uns auch einfach etwas bestellen können.«
Sie dreht ihren Kopf ihm zu. »Du kochst nicht für dich selbst?«, fragt sie, obwohl das keinen Sinn machen würde, da er ja Essen im Kühlschrank hat.
»Doch, aber manchmal bin ich zu faul.«
»Wenn ich nach der Arbeit zu müde bin, bestelle ich auch, aber nur selten an den Wochenenden.«
»Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wann ich das letzte Mal für mich selbst gekocht habe.« Inouyes Stimme klingt abwesend, als ob er nachdenken würde, aber er versucht nur, seine Hand unter ihr Hemd zu schieben.
Rem gibt ihm einen Tritt. »Ich hab gesagt, ich habe Hunger.«
»Ich auch.«
Sie wirft ihm einen strengen Blick zu. »Dann kannst du ja den Tisch decken und auf das Omelett aufpassen.« Sie zieht seine Hand von ihrem Hintern und legt sie auf den Griff der Pfanne.
»Du bist so herrisch.« Er dreht den Kopf, als sie die Küche verlässt. »Wo willst du hin?«
»Ins Bad.«
Als Rem zurückkommt, hat er getan, worum sie ihn gebeten hat, und sogar auf sie gewartet, anstatt schon mit dem Essen anzufangen. Sie setzt sich an den Tisch, von dem man einen tollen Blick auf die große Fensterfront hat, und sie beginnen zu essen.
»Danke, dass du gekocht hast. Es schmeckt großartig.«
Rem sieht Inouye an, der sie angrinst. »Nicht der Rede wert«, sagt sie. »Trainierst du immer an den Wochenenden?«
Er nickt. »Die einzige freie Zeit, die ich habe. Ich war nur joggen, aber ab und zu gehe ich auch gerne in die Boxhalle.«
»Oh«, sagt sie mit einem plötzlichen Interesse in ihren Augen. »Ich habe früher Kickboxen gemacht.«
Er blinzelt. »Ach ja? Warte, ist die Geschichte, dass du einen Kunden geboxt hast, wahr?«
Rem runzelt die Stirn. »Es war Selbstverteidigung. Er hat gegrapscht!«
Inouye starrt sie eine Sekunde lang an. Dann bricht er in Gelächter aus.
»Was ist daran lustig?« Rem hebt eine Augenbraue.
»Ich finde es einfach bewundernswert!«
Sie sieht ihn zweifelnd an und er hört auf zu lachen. »Ich meine es ernst. Frauen ohne ihre Zustimmung zu begrapschen ist ekelhaft, und dann auch noch bei der Arbeit. Warum hast du aufgehört? Mit Kickboxen, meine ich.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ich war zu beschäftigt.« Schließlich hat sie all ihre Zeit, in der sie nicht gearbeitet hat, Kosuke gewidmet.
»Hast du Lust, mal mit mir in die Boxhalle zu kommen?«
Rem blinzelt überrascht. Zuerst will sie ablehnen, aber dann denkt sie, dass es eigentlich keine schlechte Idee ist, wieder mit Kickboxen anzufangen. Sie lächelt. »Danke für das Angebot, aber ich glaube, ich gehe in den Club, in dem ich vorher war. Ich möchte nicht, dass du dich auch in deiner Boxhalle zweitklassig fühlst.«
»Als ob!«, spottet er. »Hast du meine Arme gesehen? Ich weiß, dass du sie gesehen hast, du starrst sie ständig an.«
Rem seufzt. »Wie oberflächlich. Wenn man sich dein Gesicht ansieht, würden die meisten Leute auch annehmen, dass du die Nummer eins im Verkauf bist. Aber das bist du nicht.«
»Ich weiß, dass ich gut aussehe, aber du solltest dich nicht klein machen.«
»Tue ich auch nicht. Schließlich bin ich fähig genug, meine Arbeit zu machen, ohne mich auf mein Aussehen zu verlassen. Wenn du einmal alt bist, wird es für dich schwer werden.«
Er schnaubt und setzt einen selbstgefälligen Gesichtsausdruck auf. »Oh bitte, in ein paar Jahren bin ich Geschäftsführer. Und ich werde, auch wenn ich alt bin, noch höllisch gut aussehen.«
Sie antwortet nicht. Stattdessen sieht sie ihn an, als wäre er ein Kind, das verkündet, es werde ein Superheld, wenn es groß ist.
Inouye starrt sie an. »Sag etwas!«
»Ich habe heute keinen dringenden Termin, aber ich habe mich gefragt, ob ich ein paar Sachen herbringen kann, Ersatzkleidung und so, nur für den Fall.«
»Klar, aber glaubst du, ich lasse dich einfach so das Thema wechseln?«
»Prima. Dann bleibe ich noch, bis meine Sachen trocken sind.«
»Ich habe das Gefühl, dass du eine schlechte Verliererin bist, Aozora.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Wer weiß. Du kannst das ja nur erahnen.«
»Ich hatte schon höhere Verkaufszahlen als du!«
»Und? Bin ich eine schlechte Verliererin?«, fragt sie und hebt provozierend die Augenbrauen.
Inouye presst hartnäckig die Lippen aufeinander. Er weiß so gut wie sie, dass die Monatsendauswertung nicht immer genau ist, weil die Vorbereitungen für große Aufträge Zeit brauchen und Dinge wie Kundenbeschwerden, die Rems Stärke sind, gar nicht berücksichtigt werden.
Rem senkt ihre Stimme, als ob sie ihm ein Geheimnis verraten würde. »Du könntest einfach zugeben, dass ich besser bin als du und aufhören, dich zu quälen.«
Er schnaubt. »Glaubst du, es ist so einfach?!«
Sie legt nachdenklich den Kopf schief und fragt sich, wieso er so stur ist. Der Hauptgrund von Rems Erfolg, ist, dass sie Beschwerden umdrehen und die Bedingungen eines Vertrags verbessern kann. Inouye würde nie auf die Idee kommen, einen Kunden dazu zu bringen, sich zu beschweren, um eine Vertragsänderung in die Wege zu leiten, die letztendlich dem Unternehmen besser dient als dem Kunden.
»Es sind jetzt fast zwei Jahre. Du glaubst doch nicht, dass ich schon aufgegeben habe, oder?«
»Warum nicht? So lange hat es bei mir auch nicht gedauert.«
»Ich versuche nicht, so zu werden wie du«, argumentiert er entschlossen und Rem runzelt die Stirn.
»Ich werde dich auf meine Art schlagen.«
Sie lächelt. »Wer weiß. Zumindest denke ich, dass du die richtigen Qualitäten hast, um Geschäftsführer von Noué zu werden.«
Seine Augen schmälern sich misstrauisch. »Du denkst schon wieder daran, mich auszunutzen, oder?«
»Wenn du dir darüber Sorgen machst, soll ich dann kündigen, wenn du Geschäftsführer wirst?«
»Nein!«, antwortet er sofort. »Wenn ich Geschäftsführer werde, ernenne ich dich zu meiner Sekretärin und dann musst du nach meiner Pfeife tanzen.«
Rem rümpft die Nase. »Du willst also, dass ich kündige.«
»Nein.«
»Was für ein Geschäftsführer zwingt seine Mitarbeiter auf diese Weise zu kündigen?«
»Hörst du mir zu?!« Inouye sieht sie mit einem unzufriedenen Blick an.
Rem grinst nur und steht auf. Sie sind beide mit dem Essen fertig und sie fängt an, das Geschirr aufzuräumen. Doch als sie Inouyes Teller nehmen will, greift er ihr Handgelenk.
»Lass es stehen«, sagt er, während er seinen anderen Arm um ihre Taille schlingt und sie näher zu sich zieht. »Ich hatte meinen Nachtisch noch nicht.«
Rem stellt das Geschirr auf den Tisch zurück und erlaubt ihm, sie auf seinen Schoß zu ziehen.
»Weißt du, wie ablenkend es ist, dich in meinem Hemd zu sehen und zu wissen, dass du nichts darunter trägst?«, murmelt er gegen ihren Hals, während seine rechte Hand geschickt die Knöpfe des Hemdes öffnet. Seine andere Hand wandert ihren Oberschenkel hinauf.
Rem schließt die Augen, während sie eine Hand in sein Haar gleiten lässt. »Wirklich? Deine geistigen Fähigkeiten scheinen mir normal zu sein. Ah!« Sie schnappt nach Luft, als er in ihre Haut beißt, bevor seine Lippen an ihr hinunterwandern.
Seine Hand verlässt ihren Oberschenkel, um seiner anderen zu helfen, ihr das Hemd auszuziehen. Doch dann hält er inne und seine Finger berühren ihre rechte Schulter. »Tut das weh?«
Rem schielt zu der Stelle, die er berührt. Sie kann es nicht sehen, aber sie erinnert sich daran, dass er sie letzte Nacht dort gebissen hat. »Es ist in Ordnung«, sagt sie. »Solange es sich unter Kleidung verstecken lässt.«
»Dann darf ich überall Male hinterlassen, wo man sie nicht sieht?«
Sie kneift die Augen misstrauisch zusammen. »Legst du es darauf an?«
»Nein, aber ich kann nicht versprechen, dass es nicht passiert«, sagt er, aber sein Grinsen macht ihn nicht gerade vertrauenswürdig.
Rem packt sein Kinn und zieht es hoch. Sein Blick fällt auf ihre Lippen und sie grinst, als sie ihren Daumen gegen seine drückt. »Ich werde mich revanchieren, wenn du nicht aufpasst«, flüstert sie und beugt sich an seinem Gesicht vorbei zu seinem Hals.
Es ist schon recht spät, als Rem Inouyes Wohnung verlässt und als sie auf ihr Handy schaut, um die Zeit zu überprüfen, bemerkt sie eine Nachricht.
>Ich will reden. Lass uns treffen.< - Kosuke
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