Kitsune

XV.

Alles wie immer

Mit einer tiefen Falte zwischen den Brauen starrt Rem auf ihren Bildschirm und versucht, das Gespräch, das unweit von ihr stattfindet, auszublenden. Sie kann ohnehin nicht verstehen, was gesagt wird, aber der fröhliche Tonfall und das Kichern dann und wann, macht es sehr offensichtlich, dass Kondo wieder einmal mit Inouye flirtet. Nicht, dass ihr das etwas ausmacht. Sie ist nur genervt von seinem Verhalten. Und von sich selbst, dass sie sich immer wieder von ihm einwickeln lässt.

Schließlich steht sie mit einem genervten Seufzen auf. Es ist sowieso Zeit für die Pause. Sie geht in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen, wo sie Mori vorfindet.

»Willst du auch einen?«, fragt sie, nachdem sie Rem einen Blick zu geworfen hat.

»Gerne«, antwortet Rem und lehnt sich gegen die Anrichte neben Mori.

»Schlechte Laune?«, fragt Mori, während sie Kaffee und Wasser nachfüllt.

Rem schüttelt den Kopf. Sie zögert einen Moment und mustert Mori. Dann fragt sie: »Wie würdest du Ms. Kondos Absichten gegenüber Mr. Inouye beschreiben?«

Mori wirft Rem einen überraschten Blick zu. »Hm«, macht sie und rollt nachdenklich mit den Augen. »Hoffnungsvoll vielleicht? Ich kenne sie nicht gut genug, um zu beurteilen, wie ernst es ihr ist, aber sie scheint zumindest nur Augen für ihn zu haben.« Nachdem sie geendet hat, mustert Mori sie neugierig, mit einer offensichtlichen Frage in den Augen.

Rem tut so, als würde sie das nicht bemerken und verschränkt die Arme vor der Brust. »Also was ich mit Mr. Inouye tue ist...nicht unbedingt eine gute Idee.«

Mori blinzelt verdutzt. »Du machst dir Sorgen um Ms. Kondo?«

»Ich mache mir Sorgen darum, was passiert, wenn sie es herausfindet. Und Mr. Inouye ist nicht unbedingt die Vorsicht in Person, was das angeht.«

»Ja…« Mori mustert sie eingehend. »Du und Mr. Inouye seid also nicht…« Sie lässt den Satz in der Luft hängen und sieht Rem auffordernd an.

Rem versteht ihre Frage, runzelt aber die Stirn und sieht Mori an, als würde sie es nicht.

Mori zuckt mit den Schultern. »Na ja, ich dachte nur, dass ihr eigentlich ganz gut zusammenpasst.«

Rem schnaubt und wendet ihren Blick ab. Natürlich denkt auch Mori, dass Rem nicht die Sorte Frau ist, die ein bedeutungsloses Verhältnis führen kann. »Ich habe die letzten Jahre versucht, eine Beziehung und meinen Job auf die Reihe zu bekommen. Es ist viel einfacher, wenn man sich auf eins konzentrieren kann, ohne auf das andere komplett verzichten zu müssen.«

»Wirklich? Ich dachte, du überlegst das mit Mr. Inouye zu beenden?«

Rem versteift sich. Es passiert selten, dass sie sich selbst widerspricht. »Ich mache mir nur Sorgen, dass sich das ändert.«

»Wieso? Wenn du mich fragst, macht die Tatsache, dass er Ms. Kondo genauso wie vorher behandelt die Sache doch unverdächtig.«

»Du hast es doch auch herausgefunden«, beharrt Rem und bereut schon das Thema angesprochen zu haben.

»Ja, aber ich habe auch einen objektiveren Blick auf die Situation. Außerdem kenne ich dich besser.« Mori lächelt Rem an, als wollte sie ihr sagen, dass sie ganz genau weiß, dass andere Gründe hinter Rems Sorgen stecken. Obwohl das nicht der Fall ist. Jedenfalls nicht im Kern.

»Übrigens, wie sieht es mit JiJo aus? Ist immer noch alles in Ordnung?« Mori wechselt beiläufig und mit einem amüsierten Unterton das Thema, während sie sich wieder der Anrichte zuwendet und zwei Tassen aus dem Regal holt.

Rem rümpft die Nase. Es wäre eigenartig, wenn sie weiter auf das Thema beharrt. »Natürlich. JiJo ist noch ein ganzes Stück folgsamer geworden, aber Mr. Hansawa hat mir verboten, die Vertragsbedingungen bis zum Jahresende zu ändern, es sei den JiJo drängt darauf.« Rem schüttelt den Kopf. Welcher Chef verbietet seinen Angestellten Profit zu machen?

»Er macht sich wahrscheinlich Sorgen. Je mehr Druck du auf JiJo ausübst, desto größer wird der Druck auf diesen Matsusaki.«

»Mr. Matsusaki arbeitet nicht mehr mit mir.«

Mori reicht ihr eine Tasse mit dampfendem Kaffee. »Das heißt nicht, dass er dir nicht auflauern kann.«

Rem schnaubt. »Für solche Fälle habe ich Pfefferspray in meiner Tasche.«

Mori beobachtet Rem, während sie einen Schluck trinkt. Als sie die Tasse wieder senkt, nickt sie. »Du bist wirklich furchtlos, was diese Dinge angeht. Die wenigsten Frauen hätten überhaupt etwas gesagt.«

»Die Welt ist nicht gnädig mit Menschen, die hoffen, dass sich alles von selbst klärt, wenn sie den Mund halten.«

»Vielleicht, aber es braucht auch viel Mut, den nicht jeder aufbringen kann.«

Rem mustert sie scharf. »Hast du auch ein Problem mit einem Kunden? Oder einem Mitarbeiter?«

Mori schüttelt den Kopf. »Ich bin nicht so direkt wie du, aber ich komme schon zurecht. Es ist Ami, um die ich mir Sorgen mache. Du weißt, wie unsicher sie ist.«

Rem legt die Stirn in Falten, während sie an Yamato denkt. Sie muss Mori recht geben. Yamato ist eine sehr vorsichtige Frau, die sich schnell verunsichern lässt. Sie würde wohl kaum etwas sagen, wenn ein Kunde sie belästigen würde.

»Ich dachte, es wäre eine gute Idee, wenn wir uns ab und zu treffen und quatschen. Und falls einem von uns was Blödes passiert, können wir darüber reden.«

Rem sieht sie überrascht an. »Trefft ihr beide euch nicht schon ab und zu?«

»Wir sind mal Mittagessen gewesen, aber ich dachte an etwas, wo wir mehr Ruhe zum Reden haben«, erwidert Mori mit einem nachdenklichen Gesicht. »Ich wollte dir aber nichts aufdrängen. Ich dachte nur, dass es einen größeren Effekt auf Ami hätte, wenn du dabei wärst.«

»Wieso?«

Moris Mundwinkel zucken. »Sag bloß, dir ist nicht aufgefallen, dass sie zu dir aufsieht?«

Rem ist aufgefallen, dass Yamato sich ihr gegenüber besonders höflich verhält, aber das führt sie auf Respekt zurück.

»Wie auch immer, wenn du keine Zeit hast, ist das kein Problem.«

Rem schüttelt den Kopf. Es ist peinlich zuzugeben, aber abgesehen von der Arbeit und ihren Treffen mit Inouye gibt es da nicht viel in ihrem Leben. Sie könnte ein bisschen mehr soziale Interaktion gebrauchen. »Nein, das ist eine gute Idee. Es ist bestimmt einfacher, solche Dinge erst mit Kolleginnen zu besprechen, bevor man zu Mr. Hansawa geht.«

»Das dachte ich auch.« Mori lächelt. »Apropos Mr. Hansawa, ist dir auch aufgefallen, dass er in letzter Zeit gestresst ist?«

Rem runzelt die Stirn. »Jetzt wo du es sagst…«

Mori lehnt sich etwas vor und senkt die Stimme. »Ich hab gehört, dass es um einen großen Deal geht und er deswegen sogar jemand Neues einstellen will.«

Rem legt nachdenklich den Kopf schief. Grundsätzlich ist ein neuer Mitarbeiter eine Arbeitserleichterung, aber erst nachdem man sie eingelernt hat. Vorher sind sie zusätzliche Arbeit. Wenn es also wirklich um einen großen Deal geht, würde es nur Sinn machen jemanden einzustellen, der sich mit dem Job schon auskennt und wirklich gut ist.

Rems Handy klingelt. Es ist der Ton, der eine E-Mail ankündigt, und Rem zieht es aus der Tasche, um nachzusehen, von wem sie ist.

»Schlechte Nachrichten?«, fragt Mori, als sie Rems Gesichtsausdruck sieht.

»Mr. Blake«, sagt Rem nur und steckt ihr Handy weg, um ihren Kaffee auszutrinken und zurück an die Arbeit zu gehen.

Mori runzelt die Stirn. »Ich dachte, er ist besser geworden. Sag bloß, er wollte auch Grapschen.«

Rem antwortet nicht sofort, da sie nicht weiß, ob sie nicht zu viel in die Sache hineininterpretiert und Moris Augen weiten sich. »Nicht im Ernst!«

»Er will unbedingt, dass ich für Syrene modele.«

»Gott, was ist in letzter Zeit nur mit den Männern los?!« Mori schüttelt den Kopf.

Rem mustert sie eingehend. »Er lässt es so klingen, als wäre es ein rein geschäftliches Interesse.«

»Wenn es so wäre, würde er sich an professionelle Models halten. Er arbeitet für einen Kosmetikkonzern und keine Model-Agentur.«

Rem nickt langsam. Es ist gut zu wissen, dass sie nicht die Einzige ist, die Mr. Blakes Bitte für unangebracht hält. »Leider ist er trotzdem ein wichtiger Kunde«, sagt sie, leert ihre Tasse in einem Zug und stellt sie in den Geschirrspüler. »Danke für den Kaffee.«

Als Rem die Küche wieder verlässt, unterhält Inouye sich immer noch mit Kondo. Wahrscheinlich geht es um etwas, dass mit der Arbeit zu tun hat. Das hofft sie zumindest. Auch wenn es ihr eigentlich egal sein kann. Wenn er unbedingt weiterhin gegen sie verlieren will.

In diesem Moment huscht Inouyes Blick zu ihr. Er blinzelt und macht ein fragendes Gesicht, aber Rem wendet den Blick ab und setzt sich wieder an ihren Schreibtisch.

Zwei Minuten später bekommt sie eine SMS von ihm. >Was ist los?<

Sie legt entnervt die Stirn in Falten und überlegt einen Moment, ob sie die Nachricht ignorieren soll. Immerhin sollte sie eigentlich arbeiten. Aber da sie auch zuvor schon während der Arbeit miteinander geschrieben haben, würde er sich bestimmt darüber wundern und sie will keinen falschen Eindruck erwecken. >Was soll sein?<, schreibt sie zurück.

>Du hast mich gerade mit einem Todesblick angesehen.<

Rem dreht sich auf ihrem Stuhl, um in seine Richtung zu sehen. Als sie sieht, dass er ebenfalls zu ihr schaut, macht sie ein empörtes Gesicht, das er mit einem Stirnrunzeln erwidert. Sie wendet sich wieder ihrem Handy zu. >Hab ich nicht! Wieso sollte ich?<

>Das frag ich dich. Oder vielleicht warst du ein bisschen eifersüchtig, weil ich mich so nett mit Ms. Kondo unterhalten habe?<

Rem starrt seine Nachricht an. Sie überlegt erneut, ob sie das Handy weglegen und ihn ignorieren soll, hält sich aber gerade noch davon ab. Das würde nur den Anschein erwecken, er hätte recht. >Ich hab über etwas völlig anderes nachgedacht. Wenn ich wirklich böse geguckt habe, tut mir das leid. Das war keine Absicht.<

>Hast du ein Problem?<

>Es ist nichts Wichtiges.< Rem atmet auf, legt das Handy aus der Hand und richtet ihren Blick auf ihren Computer. Offenbar hat sie sich zu viele Gedanken über etwas völlig Belangloses gemacht. Ohne es zu bemerken, hat sie ihr Verhältnis ernster genommen, als es ist. Beenden kann sie es nicht, ohne einen falschen Eindruck zu erwecken, also muss sie beweisen, dass sie alles genauso locker sieht wie er.


 

Leider muss sie sich damit gedulden, denn am Freitagnachmittag passiert etwas, dass Inouye so stark beansprucht, dass Rem erst am Abend erfährt, was los ist. Anscheinend ist sein Computer abgestürzt und er hat eine wichtige Datei verloren. Und er kann das Backup nicht finden. Das ist jedenfalls seine Erklärung an sie, weshalb sie sich nicht treffen können.

Rem gibt ihm eine knappe Antwort, da es sich nicht ändern lässt. Er versichert ihr, dass er die Backupdatei bis morgen gefunden haben wird, und sie sich danach sehen können, woraufhin Rem ihm sagt, dass er sich keinen Stress machen muss. Obwohl sie recht enttäuscht ist, aber das sagt sie nicht.

So verbringt sie den Abend mit ihren Kollegen im Restaurant, wo sie mit Mori und Yamato ausmacht, sich ab und zu am Wochenende zu treffen, wobei Rem für das kommende Wochenende jedoch absagt. Schließlich ist sie mit Inouye verabredet.

Das dachte sie.

Am Samstag, nachdem sie gefrühstückt und den Wocheneinkauf erledigt hat und mitten in der Hausarbeit ist, bekommt sie eine Nachricht von Inouye, in der er schreibt, dass er die Backupdatei nicht gefunden hat, und daher die ganze Arbeit nochmal machen muss. Da es sehr viel ist, wird er dafür wahrscheinlich das ganze Wochenende brauchen. Und damit erübrigen sich Rems Pläne.

Es ärgert sie und nachdem sie die Hausarbeit erledigt hat, sitzt sie auf dem Bett und denkt nach. Sie könnte Inouye ihre Hilfe anbieten, damit es schneller geht. Aber sie helfen sich für gewöhnlich nicht, wenn es um die Arbeit geht, und sie will nicht, dass er denkt, dass sie ihn unbedingt sehen will. Die Lösung wäre einfach etwas anderes zu machen. In ihren Boxclub fahren zum Beispiel.

Rem steht abrupt auf. Sie macht sich schon wieder zu viele Gedanken! Schließlich ist es nicht so, dass er wirklich das gesamte Wochenende arbeiten wird. Jeder braucht Pausen und ein bisschen Ablenkung ist besonders hilfreich, wenn man gestresst ist. Kosuke hat es immer gemocht, wenn sie sich für ihn kostümiert hat, wenn er gestresst war.

Ihr Blick huscht zum Bett. Inouye hat das Maidcostüm gefallen. Sie will nicht in einem Maidcostüm bei ihm auftauchen, als wäre sie gekommen, um ihn zu bedienen. Aber sie hat noch ein anderes Kostüm.

Rem geht vor ihrem Bett auf die Knie und zieht die Kiste hervor. Wenn sie das tut, würde sie nicht nur in dem Kostüm vor die Tür müssen, es wäre schrecklich unangenehm, wenn Inouye genervt über ihren Besuch wäre. Außerdem würde es doch wieder so aussehen, als ob sie unbedingt zu ihm wollte.

Sie vergräbt das Gesicht in den Händen. Jetzt denkt sie schon wieder zu viel nach! Sie weiß, dass es ihm gefallen würde, und wenn sie es auch will, gibt es keinen Grund es nicht zu tun! Ohne weiter darüber nachzudenken, zieht sie die Kiste unter ihrem Bett hervor, holt das Schulmädchenkostüm heraus und geht ins Badezimmer, um zu duschen.

Eine halbe Stunde später steht sie vor ihrer Tür und bereut, nicht ein wenig mehr nachgedacht zu haben. Sie hat den Teil, wie sie zu Inouye kommen soll, vergessen. Es ist nicht so weit, als dass sie die Strecke nicht zu Fuß gehen könnte, aber sie will von so wenig Menschen wie möglich gesehen werden. Natürlich trägt sie einen Mantel über dem Kostüm, aber der ist recht auffällig bei den sommerlichen Temperaturen und unter den Umständen will sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie beschließt, ein Taxi zu rufen.

Zu ihrer Erleichterung schenkt der Taxifahrer ihr kaum Beachtung. Tatsächlich scheint er sich Mühe zu geben, nicht in ihre Richtung zu sehen, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass sie ihm vorsorglich frostige Blicke zuwirft. Es ist keine Absicht, aber sie kann nicht anders, als zu denken, dass es offensichtlich sein muss, dass sie kaum etwas unter dem Mantel trägt.

Schließlich kommen sie bei Inouyes Wohnung an und Rem gibt dem Fahrer etwas mehr Geld als Entschuldigung. Danach beeilt sie sich ins Haus zu kommen. Sie klingelt.

»Rem?«, ertönt Inouyes überraschte Stimme aus dem Lautsprecher. Die Hausklingel ist mit einer Kamera ausgestattet, so wie es sich für ein Apartment dieses Standards gehört. »Was tust du denn hier?«

Rem rümpft leicht die Nase darüber, dass er sie beim Vornamen nennt, aber das ist jetzt nicht wichtig. »Ich revanchiere mich für deine moralische Unterstützung. Lässt du mich rein?«

Als Antwort surrt die Tür und Rem geht eilig hinein.

Inouye erwartet sie bereits an der Tür und er sieht müde aus. Er trägt eine Jogginghose und ein T-Shirt und seine Haare sind zerzaust, als wäre er gerade erst aus dem Bett gekommen. Dabei sprechen die dunklen Ringe unter seinen Augen dafür, dass er überhaupt nicht geschlafen hat. Er lächelt sie träge an. »Das ist nett von dir, aber es gibt nicht wirklich etwas, das du für mich tun kannst.«

Rem runzelt die Stirn. Er muss wirklich die Nacht durchgemacht haben, wenn er so müde ist, dass er vergisst, selbstgefällig und arrogant zu sein. »Ich bin nicht hier, um dir Arbeit abzunehmen«, sagt Rem, während Inouye die Tür hinter ihr schließt.

Er schenkt ihr ein weiteres müdes Lächeln. »Fühl dich wie Zuhause«, sagt er, bevor er auch schon auf dem Weg ins Wohnzimmer ist.

Rem zieht ihre Schuhe aus, behält den Mantel jedoch vorerst noch an. Unter normalen Umständen hätte er sich zumindest darüber gewundert, dass sie im Frühsommer einen Mantel trägt, aber er scheint es nicht einmal bemerkt zu haben.

Sie folgt ihm ins Wohnzimmer, wo er am Küchentisch vor seinem Laptop sitzt. Er sitzt auf der Stuhlkante und an seinem durchgedrückten Rücken kann sie erkennen, wie angespannt er ist. Sie kann nur raten, dass die Datei, die er verloren hat, ursprünglich nicht an nur einem Wochenende erstellt wurde. Aber es kommt nie etwas Gutes dabei heraus, wenn man ohne Pause auf einen Bildschirm starrt und sich die Finger wund tippt.

Mit diesem Gedanken öffnet Rem ihren Mantel und lässt ihn zu Boden fallen. Darunter trägt sie das blau-weiße Schulmädchenkostüm, das aus einem bauchfreien Oberteil, einem kurzen Röckchen und Overknee-Strümpfen besteht. Aber das Rascheln ihres Mantels bewegt Inouye nicht einmal dazu in ihrer Richtung zu sehen.

Sie geht zu ihm hinüber und setzt sich neben seinem Laptop auf den Tisch.

»Ich kann dir nicht - «, setzt Inouye an, nur um mit offenem Mund innezuhalten, als er sie sieht.

Einen Moment lang bewundert Rem den Ausdruck purer Verblüffung auf seinem Gesicht. Dann sagt sie: »Ich hab nichts drunter.«

Inouye starrt sie weiter an. Es dauert ein paar Sekunden, bis er schließlich wie von der Tarantel gestochen aufspringt und den Laptop zuklappt. Er nimmt ihn vom Tisch, dreht sich um und hastet Richtung Schlafzimmer.

Rem sieht ihm verdutzt hinterher. Vielleicht hätte sie doch nicht kommen sollen. Auch wenn er meistens einen sorglosen Eindruck macht, ist er doch sehr pflichtbewusst, wenn es um die Arbeit geht. Sie senkt den Blick auf ihren Mantel, der ein paar Schritte entfernt von ihr auf dem Boden liegt. Aber gerade als sie aufstehen will, um ihn zu holen, fliegt die Schlafzimmertür wieder auf und Inouye kommt herausgestürmt.

Rem beobachtet verdutzt, wie er auf sie zukommt und vor ihr stehen bleibt. Und dann liegt sie mit dem Rücken auf dem Tisch.

Inouyes Hände drücken ihre Handgelenke auf die Tischplatte, während sein Blick über sie huscht. »Versuchst du mich zu sabotieren? Ich brauche diese Datei bis Montag.« Noch während er das sagt, lässt er ihre Handgelenke los und legt seine Hände auf ihren Bauch. Er schiebt sie unter ihr Oberteil, als wollte er überprüfen, ob der Teil mit ‚nichts drunter‘ wahr ist.

Rem seufzt, als seine warmen Hände ihre Brüste umfassen. »Soll ich wieder gehen?«

»Denk nicht einmal dran!«, knurrt er leise. Seine Lippen streichen über ihren Bauch und er schiebt ihr Oberteil nach oben.

Rem schließt die Augen.

»Ich will keine Sekunde länger auf einen Bildschirm starren.« Er beginnt ihr Dekolleté mit Küssen zu übersehen. Seine Zunge leckt über ihre Haut und er knabbert an ihrem Schlüsselbein.

Rem legt ihm eine Hand auf die Schulter. »Nicht beißen«, sagt sie mit atemloser Stimme. »Ich will am Montag nicht wieder ein Halstuch tragen müssen.«

»Du sahst damit aber so sexy aus«, erwidert er und seine Lippen streichen ihren Hals hinauf. Er erreicht ihr Ohr. »Rem.«

Sie erschaudert. »Ich hab dir gesagt, du sollst mich nicht so nennen.«

Er gluckst. »Ein Lehrerinnenkostüm hätte besser gepasst.«

»Was soll – ah!« Rem zuckt zusammen, als er seine Hand unter ihren Rock schiebt. Sie wandert federleicht an ihrem Oberschenkel hinauf und sie beißt sich auf die Lippe.

»Mh!«

Inouye presst seine Lippen auf ihre und sie stöhnt in seinen Mund, als seine Finger ihr Ziel erreichen. Sie schlingt die Arme um seinen Hals und erwidert den Kuss, während sich seine Finger in einem gleichmäßigen Rhythmus zu bewegen beginnen. Ihre Beine legen sich um seine Hüfte und ein tiefes Knurren entkommt seiner Kehle. Er zieht seine Hand zurück und löst sich von ihr.

Rem hört es rascheln und sie lockert ihren Griff um ihn, damit er sich so weit aufrichten kann, dass er das Kondom, das er, wie ihr jetzt klar wird, vorhin aus dem Schlafzimmer geholt hat, überstreifen kann.

Sie kann kaum nach Luft schnappen, als er in einer fließenden Bewegung in sie eindringt und seine Lippen erneut auf ihre presst. Sie klammert sich an seinen Schultern fest, während seine schnellen Bewegungen den Tisch ächzen lassen.

Seine Hand streicht über ihre Seite bis zu ihrer Brust und Rem stöhnt, als er fest zupackt. Sie beginnt an seinem Shirt zu zerren, bis er sich von ihr löst, um es sich über den Kopf zu ziehen. Er wirft es hinter sich, bevor er ihre Beine packt. Das rechte hebt er über seine Schulter, während er das linke über seinen rechten Arm hängt. Dann packen seine Hände ihre Hüfte und ziehen sie zu sich.

»Ah!« Rem krümmt den Rücken, als sie ihn tiefer in sich spüren kann und seine Bewegungen kräftiger werden. Ihre Augen rollen nach oben, während sie mit den Händen Halt suchend über ihrem Kopf nach dem Rand des Tisches tastet. Sie beißt sich mit einem Wimmern auf die Lippe, um sich davon abzuhalten seinen Namen zu sagen.

Ihr Blick huscht umher, bis er wieder auf Inouye landet. Die angespannten Muskeln in seinem Oberkörper wecken in ihr den Drang, die Hände nach ihm auszustrecken. Aber als ihr Blick höher wandert, vergisst sie diesen Gedanken.

Sein Kiefer ist ebenfalls angespannt, seine Wangen gerötet und seine Haare wirr. Sie kann noch immer die dunklen Ringe unter seinen Augen sehen, aber sein Blick ist nun alles andere als müde. Er starrt sie an, als könne er nichts anderes ansehen, und Rem hält den Atem an.

Sie spürt den festen Griff von Inouyes Händen um ihre Hüfte und die unerträgliche Hitze in ihrem Unterleib. »Ah, ahh!« Ihre rechte Hand umklammert die Tischkante, während die Nägel ihrer linken Hand über die hölzerne Oberfläche kratzen. Sie krümmt ihren Rücken so weit, dass nur noch ihre Schultern den Tisch berühren.

»Shit!« Durch das Rauschen ihrer Ohren hört sie Inouyes tiefe Stimme. Der Tisch unter ihr rutsch quietschend über den Boden und dann werden ihre Beine nach vorn gedrückt, als Inouye sich vorbeugt, um sich auf dem Tisch abzustützen.

Sein Atem geht keuchend und Rem sieht erschöpft zu ihm auf. Doch obwohl sie auch in seinen Zügen Erschöpfung sehen kann, funkeln seine Augen lebhaft. Ein Grinsen breitet sich auf seinen Lippen aus und er streicht mit einer Hand über ihre Taille. »Ich denke, ich möchte meine Pause noch etwas verlängern«, sagt er mit heiserer Stimme und lässt seine Hand höher wandern.

Rem legt ihre Hand auf seinen Arm und seine Hand hält inne. »Der Tisch ist unbequem.«

Er runzelt die Stirn und sieht zu ihrem Gesicht. Dann erscheint sein Grinsen von Neuem und er nimmt ihre Hand von seinem Arm. Seine goldenen Augen funkeln amüsiert, während er ihre Hand zu seinem Mund führt und seine Lippen über ihre Finger streifen lässt. »Das lässt sich ändern.«


 

»Ich glaubs nicht!«

Rem, die neben Inouye auf dem Bett liegt, beobachtet, wie er ungläubig auf den Bildschirm seines Laptops starrt. Aber sie ist zu müde, um sich aufzurichten, und ihre Kehle fühlt sich rau und trocken an, sodass sie nicht nachfragt. Und so beobachtet sie stumm, wie er auf das Touchpad tippt, seine Augen hin und her zucken und er schließlich den Kopf schüttelt.

»Es war ein Zahlendreher!« Er sieht Rem an. »Ich schreibe immer das Datum in den Namen der Backupdatei und da war ein Zahlendreher drin. Deshalb habe ich sie nicht gefunden.« Er richtet seinen Blick wieder auf den Bildschirm. »Ich hab nur nochmal nachgesehen, weil ich keine Lust hatte, mein Wochenende darauf zu verschwenden und dabei ist mir das komische Datum aufgefallen.«

Rem runzelt die Stirn. »Also hast du erst einen dummen Fehler gemacht und dann nicht anständig gesucht? Was ist los mit dir?« Flüchtigkeitsfehler passieren jedem und genau aus diesem Grund sollte man alles, was wichtig ist, doppelt und dreifach kontrollieren.

Inouye lacht und klappt den Laptop zu. Offenbar ist seine Erheiterung darüber, nun doch nicht das ganze Wochenende arbeiten zu müssen, größer als sein Ärger über die verschwendete Zeit, die er bereits in die Suche und Neuerstellung der Datei gesteckt hat. Er stellt den Laptop auf dem Nachttisch ab und dreht sich dann wieder Rem zu.

»Mh?!« Ihre Augen weiten sich überrascht, als er seine Lippen kurz auf ihre drückt.

»Danke«, sagt er mit einem fröhlichen Lächeln.

Rem sieht ihn etwas irritiert an. »Wofür?«

»Ohne dich hätte es mich nicht so sehr gestört, übers Wochenende arbeiten zu müssen.« Seine Hand streicht über ihre entblößte Schulter. »Also, wirst du von jetzt an immer in einem sexy Kostüm auftauchen, wenn ich ein Problem habe?«

Rem verzieht das Gesicht. Sie wusste, dass ihm das zu Kopf steigen würde. »Nein!«, sagt sie entschieden.

»Wieso nicht? Es würde mir helfen, mich viel besser auf meine Arbeit zu konzentrieren«, raunt er, während er sich zu ihr herunterbeugt. »Das ist doch auch in deinem Interesse.«

Rem hebt eine Braue. »Wieso sollte es in meinem Interesse sein, dass du nichts mehr allein auf die Reihe bekommst? Du weißt doch, wie inkompetent Menschen werden, wenn man ihnen zu oft hilft.«

»Wie wäre es, wenn du einfach Ja sagst. Ich weiß, dass du es auch willst.« Seine Hand rutscht unter die Decke und streicht über ihre Seite. »Immerhin bist du hergekommen, weil du mich unbedingt sehen wolltest.«

»Bild dir nicht zu viel ein. Ich kann es nur nicht leiden, wenn sich jemand nicht an Termine hält«, erwidert sie etwas patziger als gewollt. Sie dreht sich auf den Rücken, unter dem Vorwand sich zu strecken, was jedoch nur dazu führt, dass Inouye seinen Arm auf ihrer anderen Seite abstützt, sodass er sich über sie beugen kann. »Eine Verabredung mit mir ist dir also so wichtig, dass du sie auf keinen Fall verpassen willst.«

»Es gibt keinen Grund, irgendetwas auszumachen, wenn man sich nicht daran hält.«

»Hm, es ist selten so eine schwache Erwiderung von dir zu hören. Bist du verlegen?« Er beugt sich weiter zu ihr herunter.

Sie öffnet den Mund, um ihm zu widersprechen, auch wenn sie die Wärme auf ihren Wangen nicht leugnen kann.

Aber Inouye kommt ihr zuvor. »Wo wir von Verlegenheit sprechen: Du hast dich nicht hier umgezogen. Das heißt, du warst draußen, in einer sexy Schuluniform und ohne Unterwäsche.«

Rem starrt zu ihm auf. Er hat recht. Wie konnte ihr nicht einfallen, das Kostüm einzustecken und es hier anzuziehen?!

Inouye kichert und seine Lippen streichen über ihre. »Das hört sich für mich so an, als wärst du sehr in Eile gewesen.«

Rem ist noch nicht so weit, ihm eine Erwiderung zu geben, als er beginnt, sie zu küssen. Sie legt ihm eine Hand auf die Schulter, aber als würde er spüren, was sie vorhat, vertieft er den Kuss. Es ist, als wollte er ihr keine Chance geben, ihm zu widersprechen. Und es ist das Einzige, das er tut.

Sie liegen in seinem Bett, ohne Kleider, doch anstatt seine Hand wieder unter die Decke zu schieben, legt er sie an ihre Wange und zeichnet mit dem Daumen Kreise auf ihre Haut, während er sie weiter küsst.

Es ist eigenartig, denkt Rem. Vielleicht liegt es an seiner Erleichterung darüber, sein Backup wiedergefunden zu haben oder weil sie sich für ihn kostümiert hat, aber etwas ist anders.

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